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Vielfalt in Raum und Zeit
Langzeitdynamik und Strukturierung von Populationen bei Amphibien und Reptilien und deren Bedeutung für den
Naturschutz
Fachtagung der AG Feldherpetologie der DGHT und des Bundesfachausschuss Feldherpetologie und
Ichthyofaunistik des NABU
16 - 18.11.2001 in Bremen, Universität Bremen, Gebäude NW 2
Vom 16. bis 18. November 2001 trafen sich etwa 120 Feldherpetologen aus 5
europäischen Ländern zur inzwischen traditionellen Herbsttagung in Bremen. Die
Tagung wurde von der AG Feldherpetologie der DGHT und dem Bundesfachausschuss
Feldherpetologie/Ichthyofaunistik im NABU veranstaltet und von Hans-Konrad
Nettmann und Kerstin Elbing von der Universität Bremen hervorragend organisiert
und vorbereitet.
Inhaltlicher Schwerpunkt der Tagung war die Langzeitdynamik und Strukturierung von Amphibien- und
Reptilienpopulationen. Das Thema Langzeituntersuchungen zog sich deshalb wie ein
roter Faden durch die Tagung. Es wurde deutlich, dass nur mit
Langzeituntersuchungen ( >10 Jahre) verlässliche Aussagen zu
Populationsdynamik und -entwicklung sowie zum Artenrückgang möglich sind.
Dieser hohen Bedeutung von Langzeituntersuchungen werden jedoch die meist nur
kurzfristigen wissenschaftlichen Untersuchungen im Rahmen von Diplomarbeiten,
Dissertationen oder Forschungsvorhaben nicht gerecht. So gehen die wenigen
vorhandenen Langzeituntersuchungen meist auch "Freizeituntersuchungen"
zurück, die als solche nie geplant waren.
Im Rahmen der Umsetzung der FFH-Richtlinie sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, den Erhaltungszustand der in Art. 2 genannten Arten (Anhänge II, IV und V) zu
überwachen. Das bietet die Möglichkeit zum Aufbau langfristiger Monitoringprogramme.
Erste Vorstellungen zur notwendigen Methodik wurden diskutiert.
Samstag, 17.11.01
9.00 - 9.15
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Hans-Konrad
Nettmann, Bremen
Begrüßung und Einführung
Zusammenfassung
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9.15 - 9.55
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Kurt
Grossenbacher, Bern:
Langzeitbeobachtungen: Gedanken zu Motivation, Voraussetzung, Methodik,
Aussagekraft und Grenzen
Zusammenfassung
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9.55
- 10.35
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Henk
Strijbosch, Nijmegen:
Langzeitbeobachtungen bei Reptilien und Amphibien. Was wissen wir über
Ursachen und Bedeutung von Bestandsschwankungen?
Zusammenfassung
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10.35
- 11.00
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Kaffeepause
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11.00
- 11.30
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Monika
Hachtel et al., Bonn:
Entwicklung von Amphibienpopulationen in natürlichen und künstlichen
Kleingewässern einer Agrarlandschaft: Ergebnisse aus dem Langzeitprojekt
„Drachenfelser Ländchen“
Zusammenfassung
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11.30
- 12.00
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Frank
Meyer, Halle:
Pionierstrategien erfordern Flexibilität. Zur Langzeitdynamik von
Landschaft und Kreuzkröten
Zusammenfassung
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12.00
- 12.30
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Thoralf Sy, Halle
Vielfalt der Strategien und Habitate. Langzeitstudien zur
Raum-Zeit-Struktur einer Gelbbauchunkenpopulation im nordwestlichen Thüringen
Zusammenfassung
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12.30
- 14.30
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Mittagspause
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14.30
- 15.10
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Kaare
Fog, Veksö:
Lokales Aussterben, lokale Ausbreitung – welche Parameter sind wichtig?
Langzeituntersuchungen zur Populationsdynamik beim Laubfrosch in der dänischen
Agrarlandschaft
Zusammenfassung
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15.10
- 15.40
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Heidrun
Beczkmann & Norbert Schneeweiß, Linum
Langzeitdynamik und Raumnutzung bei Rotbauchunken in einer
brandenburgischen Agrarlandschaft
Zusammenfassung
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15.40
- 16.50
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Kaffepause
und Postersession
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16.50
- 17.20
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Mathias
Stoefer, Berlin: Populationsdynamik und Raumnutzung von
Kammmolchpopulationen benachbarter Laichgewässer
Zusammenfassung
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17.20
- 18.00
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Ulrich
Sinsch, Koblenz:
Zur Langzeitdynamik, Ökologie und Populationsgenetik syntoper Kreuz- und
Wechselkrötenpopulationen
Zusammenfassung
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18.00
- 19.00
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Mitgliederversammlung
der AG Feldherpetologie
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Sonntag, 18.11.01
9.00
- 9.30
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Kerstin
Elbing, Bremen:
Variabilität von Life-history Parametern bei Reptilien
Zusammenfassung
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9.30
- 10.00
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Zoltan
Nagy & Zoltan Korsos, Heidelberg / Budapest:
Populationsbiologische Studien an Ringelnattern (Natrix natrix L.) am See Feher To bei Szeged
Zusammenfassung
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10.00
- 10.30
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Sigrid
Lenz, Andrea Herzberg, Almuth Schmidt & Michael Gruschwitz,
Koblenz / Dresden:
Langzeitdaten zur strukturellen und räumlichen Entwicklung der deutschen
Populationen der Würfelnatter (Natrix
tessellata)
Zusammenfassung
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10.30
- 11.00
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Kaffeepause
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11.00
- 11.30
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Benedikt
Schmidt, Zürich:
Fangwahrscheinlichkeiten, oder: Wie lassen sich die Aussagemöglichkeiten
bei Populationsstudien verbessern
Zusammenfassung
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11.30
- 12.00
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Eckard
Jedicke,
Bad Arolsen:
Monitoring
von Amphibienpopulationen - Notwendigkeit, Anforderungen und Methoden zur
FFH-Umsetzung und im Naturschutz allgemein
Zusammenfassung
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12.00
- 14.00
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Hans-Konrad
Nettmann, Bremen (Diskussionsleitung): Zusammenfassung und Abschlussdiskussion
zu den Konsequenzen für Monitoring und Schutz
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Poster
Kurt Grossenbacher, Bern: Entwicklung verschiedener Braunfrosch- und Krötenpopulationen im
schweizerischen Mittelland, in den Alpen und in der Südschweiz: Beispiele 12-
bis 32-jähriger Zeitreihen.
Zusammenfassung
Detlef Münch, Dortmund: Populationsentwicklung und Veränderung der Frühjahrsaktivität des
Grasfrosches (Rana temporaria) in einem Laubmischwald 1983-2001.
Zusammenfassung
Norbert Schneeweiß et al., Zepernick / Linum: Was heißt Langzeit bei Langlebigkeit? - Erste Ergebnisse demographischer
Studien an den Restpopulationen Europäischer Sumpfschildkröten (Emys orbicularis) in Brandenburg.
Zusammenfassung
Ulrich Sander & Klaus Weddeling, Bonn: Darf's ein bisschen mehr sein? - Ein kritischer Vergleich quantitativer
Erfassungsmethoden am Beispiel von Teich- und Bergmolch.
Zusammenfassung
Ruth Rottscheidt & Meike Thomas, Bonn: Wie viele Eier legt der Molch? – Unterschiedliche Methoden zur Ermittlung
der Eizahlen. Zusammenfassung
Peter Schmidt & Gregor Bosbach, Bonn: 12 Jahre Frösche im
Drachenfelser Ländchen – Ein Vergleich der Populationsdynamik von Grün- und Braunfröschen.
Zusammenfassung
Arno Geiger, Recklinghausen: Amphibienschutzmaßnahmen an Straßen in Nordrhein-Westfalen = „kleine
herpetologische Monitoranlagen“ für das Land.
Zusammenfassung
Karl-Robert Wolf & Christiane Balks, Osnabrück: Osnabrücker Amphibienkataster - Instrument städtischer
Landschaftsplanung. Zusammenfassung
Karl-Robert Wolf & Christiane Balks, Osnabrück: Krötenzäune in Osnabrück - eine Bilanz der Jahre 1989-2000.
Zusammenfassung
Hans Peter Eckstein, Wuppertal: Wiederfänge in einer Langzeit-Studie an der Ringelnatter und mögliche
Einfluss-Faktoren auf die Populationsentwicklung.
Zusammenfassung
Klaus-Detlef Kühnel, Berlin: 15 Jahre quantitative Amphibienerfassungen an einem mesotrophen Moorsee in Berlin
– Populationsdynamik und Konsequenzen für ein Monitoring.Zusammenfassung
Jens Hennig, Marburg : Orientierung von Jungamphibien auf Ackerflächen.
Zusammenfassung
Hans Schmocker, Chur: Erste Resultate eines Monitorings der Barrenringelnatter (Natrix natrix
helvetica) in Graubünden (Schweiz).
Zusammenfassung
Ludger Hellbernd & Friedo Berninghausen, Bremen: Wiederansiedlung vom Laubfrosch im Landkreis Rotenburg (Wümme) – Eine Bilanz
nach 17 Jahren.
Zusammenfassung
Wolfram Hammer, Hamburg: Braunfroschlaichballen an 50 benachbarten Gewässern verschiedenen Alters - auf
der Grundlage von jährlichen Zählungen von 1993-2001.
Zusammenfassung
Bretschneider, P.& W.-R. Grosse, Halle: Vergleichende Untersuchungen zur Laichhabitatnutzung der Kreuzkröte (Bufo calamita
Laurenti, 1867) anhand von Paarungsrufanalysen
Zusammenfassung
Stefan Behler & Karen Jahn, Bremen: Individuelle Wiedererkennung über das dorsale Zeichnungsmuster bei Rana
temporaria
Zusammenfassung
Anne-Claire, Martina Meeske & Krzysztof Jakub Rybczynski: Räumliche Strukturierung eines lokalen Vorkommens der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (L.) in
Litauen und weitere Angaben zur Populationsbiologie Zusammenfassung
Willkommen in Bremen, der einzigen norddeutschen Hansestadt neben Lübeck, die ihre
Reichsfreiheit im Mittelalter wirklich erworben hat und deshalb bis heute daraus
einen eigenen Status ableitet. Zwar
ist das Schmuckstück dieser Tradition, die Rathausfassade zur Zeit wegen
Restaurierung entstellt, doch wird hoffentlich dennoch etwas von der
historischen Dimension spürbar werden.
Bremen ist hinsichtlich seiner Herpetofauna sicher das artenärmste Bundesland
Deutschlands, nicht nur, weil es mit rund 400 km2 das kleinste Land
der Republik ist, sondern weil es obendrein im
Nordwesten liegt, der klimatisch und landschaftsstrukturell wenig begünstigt
ist. So fehlen die kontinentalen Arten ebenso wie die Arten der Mittelgebirge.
Dafür gibt es als Besonderheit in den ausgedehnten Marschlandschaften reine
Seefroschbestände und in der niedersächsischen Umgebung finden sich die
nordwestlichen Randpopulationen von Feuersalamander und Bergmolch.
Die herpetofaunistische Erforschung der Region beginnt mit FRIEDRICH BRÜGGEMANN
(1850-1878) und FRIEDRICH BORCHERDING (1849-1924), beide als Lehrer in der
Region tätig. Später sind es Terrarianer und Aquarianer wie FRIEDRICH KENNEWEG
(1904-1986) und HERMANN MEINKEN (1896-1976), die zur Kenntniss der regionalen
Herpetofauna beitragen. Das Überseemuseum trägt seit seiner Gründung 1875
durch den Ausbau der bedeutenden wissenschaftlichen Sammlungen zwar auch zur
systematischen Herpetologie bei, doch vermochte sich dank der Kleinlichkeit der
bremischen Verwaltung insgesamt
keine der Bedeutung der Sammlungen entsprechende Forschungstätigkeit an diesem
Haus zu entwickeln, so dass auch herpetologische Impulse von dort nicht
ausgingen.
Mit der Einrichtung des Studienganges Biologie der neugegründeten Universität
Bremen 1973 ergab sich die Möglichkeit zu herpetologischer Forschung und die
landesweite Erfassung der Fauna und Flora 1981-84 führte zu einer
Intensivierung der herpetofaunistischen Arbeit, die zuvor bei der Bremer
Naturschutzgesellschaft und dem Naturwissenschaftlichen Verein nur in
bescheidenem Umfang möglich war.
Am Institut für Hirnforschung der Universität stellen seit 1976 Amphibien einen
besonderen Arbeitsschwerpunkt dar, allerdings nur als neurophysiologische
Modellobjekte. Allgemeinere herpetologische Arbeiten
wurden und werden im Rahmen der AG Evolutionsbiologie durchgeführt. Zu
erwähnen sind Arbeiten zur Grünfroschproblematik von R. EIKHORST, zur
Populationsökologie von Moor- und Grasfrosch von L. HELLBERND, zur Systematik
der Smaragdeidechsen und zur Fortpflanzungsbiologie verschiedener Lacertiden von
S. RYKENA, zur Systematik von Zauneidechsen von U. RAHMEL, zur Populationsökologie
von Zaun- und Smaragdeidechsen von K. ELBING, zur Populationsökologie von
Molchen, Knoblauchkröte, Laubfrosch etc. am Friedeholzer Schlatt von P. JAHN
und K. JAHN und zur Fortpflanzungsbiologie von Geckos von B. HIELEN, um nur
einige zu nennen. So besteht eine gewisse Tradition herpetologischer Arbeit in
Bremen, aus der heraus die Smaragdeidechsentagung in Cottbus und auch die
jetzige Tagung entstanden sind, und die hoffentlich auch in Zukunft fortgeführt
werden kann.
Aller historischen Tradition zum Trotz sind die Bremer Stadtmusikanten zum populären
touristischen Symbol für die Stadt geworden, obwohl die Tiere im Märchen
diesen Ort nie erreichen. Vielleicht macht dies den besonderen ironischen Reiz
aus, denn eigentlich gibt es nur einen Satz, der sich direkt auf Bremen bezieht,
aber nicht besonders werbewirksam scheint. Immerhin hoffe ich, dass man aus der
bei unserer Tagung gewonnenen Erfahrung heraus diesen Satz der Gebrüder Grimm,
den die Tiere einander am Beginn ihrer
Reise zurufen, wenigstens mit etwas Überzeugung zitieren kann:
„ komm mit nach Bremen, etwas besseres als den Tod findest du überall“
In diesem Sinn wünsche ich eine ertragreiche Tagung und angenehmen Aufenthalt
Hakon Nettmann
Universität Bremen, Fachbereich 2 (Biologie)
Postfach 330440, 28334 Bremen
e-mail: nettmann@uni-bremen.de
Programm
Zusammenfassungen
Langzeitdynamik einer Rotbauchunkenpopulation in einer Agrarlandschaft Brandenburgs
Heidrun Beckmann & Norbert Schneeweiß
Mit 180-320 registrierten adulten Individuen zählt das
Vorkommen in der Region Brandenburg zu den größeren Populationen. Das
Geschlechterverhältnis lag bei 1:1.
Innerhalb der Intensiv-Agrarlandschaft steht die Altersstruktur der Population unter dem
Einfluß einer hohen Mortalität. Weniger als 10 % der adulten Tiere wurden
nachweislich alt genug, um sich an mehr als einer Reproduktion beteiligen zu können.
Für die Wanderung zwischen Winterquartier (Gehölze und Gärten benachbarter Siedlungen)
und Laichgewässer bzw. zwischen verschiedenen Laichgewässern konnten Distanzen
bis zu 1,2 km nachgewiesen werden.
Körpermasse und Kopf-Rumpflänge der Rotbauchunken stehen in engem logarithmischem
Zusammenhang. Im Frühjahr unterscheiden sich Männchen und Weibchen in ihrer Körpermasse
signifikant.
Heidrun Beckmann & Norbert Schneeweiß
Naturschutzstation Rhinluch, Nauener Str. 68, D-16833 Linum
e-mail: agena@t-online.de
Programm
Individuelle Wiedererkennung über das dorsale Zeichnungsmuster bei
Rana temporaria
Stefan Behler & Karen Jahn
Die individuelle Wiedererkennung der Grasfrösche anhand von Fotos, auf
denen das dorsale Zeichnungsmuster abgebildet ist, stellt bei der untersuchten
Population eine gute Methode dar. Alle gefangenen Grasfrösche verfügten über
ein ausreichend ausgebildetes Zeichnungsmuster, wobei der als Winkel bezeichnete
Drüsenbereich zwischen den Schultern eine zentrale Bedeutung hatte. Dieses
Hauptunterscheidungsmerkmal trat bei fast allen untersuchten Tieren auf und war
differenziert genug, um weitere Untergruppen bilden zu können.
Tab. 1: Beispiel für die Gruppe der Mustertypen, bei denen der Winkel
aus Strich und Punktmustern besteht.
In diesen Untergruppen konnten die Individuen anhand weiterer markanter
Merkmale ihres übrigen Zeichnungsmusters leicht voneinander unterschieden
werden. Da nach GÜNTHER (1986) der Großteil der Grasfrösche über diesen
Winkel verfügt und auch weitere Autoren ihn, neben dem Rücken-, Bein- und
Armzeichnungsmuster, als typisches Zeichnungsmerkmal beschreiben, ist der Winkel
in Kombination mit den Rücken-, Ober und Unterschenkelmustern zumindest für
die mitteleuropäischen Grasfrösche ein geeignetes Merkmal für die
individuelle Wiedererkennung.
Wichtig für eine sichere Wiedererkennung ist, dass die einzelnen Untergruppen nicht mehr als 20 Tiere
enthalten. Eine Bearbeitung von Populationen mit bis zu 1.000 Tieren erscheint
mit dieser Methode möglich.
Stefan Behler
Borchshöher Str. 6, 28757 Bremen
Programm
Vergleichende Untersuchungen zur Laichhabitatnutzung der Kreuzkröte (Bufo calamita
Laurenti, 1867) anhand von Paarungsrufanalysen
Bretschneider, P. & W.-R. Grosse
In ausgewählten Laichhabitaten der Kreuzkröte auf der Insel Sylt (Lister Heide) und der Stadt Halle/Saale
(Lettin/NSG Brandberge) wurden im Frühjahr 1998 mit Richtmikrophon und
MiDi-Recorder insgesamt 130 Tonaufnahmen von rufenden Männchen erstellt. Für
die Auswertung der Paarungsrufe wurden die Aufnahmen von 29 Rufchören und 62
Einzeltieren verwendet. Von den Tieren wurden die Körpermassen, die
Kopf-Rumpf-Längen sowie Parameter der Rufplätze (u.a. Wassertemperatur,
Distanzen) erfasst. Die oszillo- und sonagraphische Auswertung erfolgte mit dem
Programm SAS-LAB/Windows.
Die männliche Kreuzkröte gibt zur Laichzeit verschieden lange Serien von Rufen ab. Der einzelne Ruf besteht
aus einer variablen Zahl von harmonisch aufgebauten Impulsen, die durch
unterschiedlich lange Intervalle voneinander getrennt sind.
Impulsanzahl, Impulsperiode und die Dominanzfrequenz der Paarungsrufe korrelierten in der Untersuchung positiv
mit der Körpergröße, sie stellten somit die individuellen Rufparameter dar.
Die festgestellten Spannen betrugen für die Impulsanzahl 13,3 - 34,2, für die
Impulsperiode 15 - 36 ms und für die Dominanzfrequenz 1312 - 1750 Hz.
Bis auf wenige Ausnahmen wurde die Rufaktivität ausschließlich in Flachwasser beobachtet. Gezielter Gleich- und
Wechselgesang ähnlich den Laubfroschchören konnte auch bei den untersuchten
Kreuzkrötenchören anhand der sonagraphischen Bilder festgestellt werden.
Weiterhin wurde bei den Chören beobachtet, dass sich in den Sonagrammen sowohl
die Dominanzfrequenzen zwischen 1 - 2 kHz als auch die Obertonfrequenzen im
Bereich von 6 - 7 kHz deutlich verstärkten. Dies wurde als Verbesserung der
akustischen Partnerfindung innerhalb der bevorzugten Laichgebiete interpretiert.
Die Vermessung der Rufplätze unterstützte die Annahme, dass größere Männchen zu größeren Rufterritorien
neigen. Die Laichgebietstreue der Kreuzkrötenmännchen während der gesamten
Laichsaison war insbesondere im Gebiet Halle/S. mit 88 - 90 % sehr ausgeprägt.
Paarungsvorteile aufgrund von Rufparametern sowie einer bestimmten Rufplatzwahl waren nicht erkennbar.
Dipl.-Biol. Peter Bretschneider
Damekower Weg 3, 23974 Blowatz
Dr. Wolf-Rüdiger Grosse
Institut für Zoologie, Martin-Luther- Universität Halle- Wittenberg, Domplatz 4, 06099 Halle (S.),
email: grosse@zoologie.uni-halle.de
Programm
Wiederfänge in einer Langzeit-Studie an der Ringelnatter und mögliche
Einfluss-Faktoren auf die Populationsentwicklung
Hans Peter Eckstein
Im Zeitraum Sept. 1986 bis Okt. 2001 konnten in einem
Untersuchungsgebiet in Wuppertal 294 Ringelnattern, davon 86 direkt nach dem
Schlupf gefangen und untersucht werden. 35 (28 nach mehr als 30 Tagen)
Ringelnattern wurden im o.g. Zeitraum 62 mal (55 nach mehr als 30 Tagen)
wiedergefangen. Folgend werden Wiederfänge unter 30 Tagen nicht mehr berücksichtigt.
Die Wiederfänge liegen in der Mehrzahl in einem Zeitraum zwischen 272 und 1348
Tagen, zwei Weibchen wurden nach 3187, bzw. 3244 Tagen wiedergefangen.
In den Jahren 1987-1991 wurden 86 (16 - 1987, 4 - 1989,
20 - 1990, 46 - 1991) Ringelnattern direkt nach dem Schlupf kartiert, von denen
4 Individuen nach 1, 2, 3 und 4 Hibernationen wiedergefangen wurden.
Mit Abstand der größte Zeitraum zwischen Fang und Wiederfang war 9 Jahre (zwei Weibchen). Drei adulte Weibchen,
bei Erstfang über 80 cm (GL) lang, wiesen eine reduzierte Gesamtlänge bei Wiederfang auf.
Die Tabelle präsentiert die Wiederfänge nach Anzahl der Überwinterungen.
Hibernationen
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1
|
2
|
3
|
4
|
9
|
Wiederfänge
|
9
|
7
|
4
|
3
|
2
|
Die Identifizierung der Individuen für die Wiedererkennung
wurde durch ein Foto der ersten 20 Ventralia (Bauchschuppen) gewährleistet,
deren Zeichnung lebenslang konstant bleibt
Folgende Faktoren wirk(t)en sich direkt oder indirekt negativ auf die Ringelnatter-Population aus:
Zunahme von Prädatoren (Graureiher), Verkehrstod, Tötung, mutmaßliche Entnahme und vermutlich die durch die
vorliegende Studie verursachten Störungen.
Langfristig positiv wirk(t)en sich aus: Pflegeeinsätze,
Anlage und Pflege von Eiablageplätzen und Amphibien-Laichgewässern. Offen ist,
wie sich der wiederholte Fischbesatz durch Angler des größten, im Abstand von
mehreren Jahren austrocknenden Wasserbereiches, auf die Ringelnatter auswirkt.
Nach 5 Jahren Untersuchung wurde die Frequenz der Kontrollgänge
im Untersuchungsgebiet um ca. 70 % verringert, da sich inzwischen ein
“Instinkt” für die notwendigen klimatischen Fang-Bedingungen entwickelt
hatte und um die Auswirkungen der Untersuchung auf die Fauna zu reduzieren.
Als großer Nachteil für die Studie selbst erwies sich die
Erweiterung des Eiablageplatzes um das ca. 30 - 40fache, eine ausreichend
intensive Kontrolle war nicht mehr möglich; aus diesem Grund konnten seit 1992
keine Nachweise von Gelegen erbracht werden.
Hans Peter Eckstein
Rudolfstr. 70, D-42285 Wuppertal
e-mail: HP.Eckstein@T-Online.de,
internet: www.ringelnatter.net
Programm
Variabilität von Life-history-Parametern bei Reptilien
Kerstin Elbing
Reptilien wurden in der Vergangenheit wiederholt als Modellorganismen für Untersuchung
und zusammenfassende Diskussion von Life-history-Strategien herangezogen. Dabei
handelte es sich jedoch zunächst vor allem um amerikanische und australische
Arten.
Für europäische Reptilien liegen zur Zeit nur wenige detaillierte Studien vor, bei
denen alle für die Herausarbeitung von Life-history-Strategien (z. B. relative
Positionierung im K-/r-Kontinuum) relevanten Einzelparameter untersucht wurden.
Wesentlich häufiger sind Einzelangaben unter anderem zur
Wachstumsgeschwindigkeit verschiedener Altersstufen, zur Lebenserwartung, zum
Alter bei Eintritt der Geschlechtsreife, zum Fortpflanzungsaufwand sowie zu
Quantität und „Qualität“ der Nachkommen. Obwohl die genannten Parameter
sich gegenseitig beeinflussen, findet eine Korrelation (auch bedingt durch die
Verschiedenartigkeit der Untersuchungsansätze und -methoden) nicht statt.
Damit bleiben die zugrundeliegenden Life-history-Strategien meist weitgehend im
Dunkel.
Aus den vorliegenden Einzelangaben – von denen ein Teil im Rahmen des Vortrages
dargestellt werden soll – wird deutlich, dass Life-history-Parameter innerhalb
einer Art zwischen einzelnen Untersuchungsjahren und geografischen
Verbreitungsgebieten, aber auch zwischen Einzelpopulationen stark variieren können.
Ähnliches gilt wohl nicht nur für die Einzelparameter, sondern auch für die
Life-history-Strategie als solche. Detaillierte Studien an südwesteuropäischen
Wald- und deutschen Smaragdeidechsenvorkommen ergaben für benachbarte
Populationen erhebliche Unterschiede für verschiedene (Unter)Arten zu erwarten
ist. Sollten diese Befunde verallgemeinerbar sein, so könnte dieses im Hinblick
auf den Arten- und Naturschutz erhebliche konzeptionelle und praktische
Konsequenzen mit sich bringen. Immerhin gibt es schon seit geraumer Zeit
Stimmen, die Life-history-Parametern einen größeren Einfluss auf die
Untergrenze der Überlebensfähigkeit einer Population zusprechen als einer
eingeschränkten genetischen Variation, welche häufig als Gefährdungsursache
genannt wird.
Dr. K. Elbing
AG Evolutionsbiologie, Fachbereich 2 (Biologie) Universität Bremen,
Postfach 330440, D-28334 Bremen,
e-mail: k.elbing@gmx.de Programm
Langzeituntersuchungen an Laubfröschen in der dänischen Agrarlandschaft: Lokales Aussterben, lokale
Ausbreitung – welche Parameter sind wichtig?
Kåre Fog
Die Vorkommen von Laubfröschen auf der Insel Lolland wurden in 1981-82 kartiert. Als die Kartierung in 1991
wiederholt wurde, war die Zahl der Rufgewässern von 100 auf 30 abgesunken. Es wird dargestellt, welchen von den
1982 registrierten Parametern sich für die Prognose
der Aussterbefälle als entscheidend erwiesen, und somit eine Vorhersage ermöglichen
konnten.
Im Herbst 1991 fing ein großzügiges Gewässeretablierungsprojekt an.
Dies führte sofort zum Anhalt des Rückgangs, und ab 1996 in einigen Gebieten
zu markantem Aufschwung, wobei die Zahl der Rufgewässern von 30 auf mehr als
100 wieder angestiegen ist. Allerdings waren nicht alle Gebiete davon betroffen,
Es wird dargestellt und erörtert, welche Parameter den Kolonisierungserfolg
vorhersagen konnten - darunter auch die genetischen Unterschiede zwischen den
Beständen (die Beständen sind unterschiedlich von Inzucht beeinträchtigt
worden).
Dr. Kåre Fog
Lojesovej 15, DK-3670 Veksö Programm
Amphibienschutzmaßnahmen an Straßen in Nordrhein-Westfalen = „kleine herpetologische Monitoranlagen“ für das Land
Arno Geiger
Praktische Maßnahmen zum Schutz der wandernden Amphibien vor dem Straßentod werden an sehr vielen NRW-Straßen
seit langer Zeit in der Regel von ehrenamtlich tätigen Naturschutzgruppen
durchgeführt. Viele dieser Maßnahmen werden seit Anbeginn gewissenhaft
(Tagesprotokolle, Gesamtsummen) dokumentiert. Fast überall werden die gleichen
Methoden (Schutzzaun mit davor bodenbündig eingegrabenen Fangeimern) benutzt um
den Saisonschutz zu erwirken.
Mit Stand 2001 (Gesamtzeitraum 1981 - 2001) können an insgesamt 405 Straßenstandorten in NRW
verschiedenartige Amphibienschutzmaßnahmen (Handabsammlung, Straßensperrung,
saisonale Amphibienschutzzäune bis hin zu festverbauten Amphibienschutzanlagen
mit Leit- und Durchlasssystemen) dokumentiert werden. Davon konnten 365 für
diese Auswertung genutzt werden, hiervon wiederum waren 54,5 % mit der
„saisonalen Schutzzaun-Eimer-Methode“ durchgeführt worden.
Viele dieser Schutzaktivitäten werden seit mehr als 10 Jahre ununterbrochen realisiert, drei sogar seit 20
Jahren. Somit haben diese Schutzmethoden auch als „kleine herpetologische
Monitoranlagen“ für wissenschaftliche Fragestellungen Funktion.
Auf der Ebene der landesweiten Auswertung dieser Aufzeichnungen kann folgende Auslese vorgenommen werden:
Bestandssituation einiger Amphibienarten (fast generell für die „Hauptwanderart“
Bufo bufo, häufig Rana temporaria,
vereinzelt Triturus vulgaris, T. alpestris, T. critatus, T. helveticus, sowie lokal zu weiten Amphibienarten,
z.B. Pelobates fuscus)
Häufigkeitsklassen auf der Ebene einzelner Naturräume oder in politisch abgegrenzten Landschaften (Kreis, Stadt, Regierungsbezirk, Bundesland)
Populationsstärkenverteilung der jeweiligen Arten (auf den gleichen Ebenen wie oben)
Populationsschwankungen der jeweiligen Arten (auf der Zeitebene und den o.g. Ebenen)
Phänologische Auswertungen / Geschlechterverhältnisse
Vergesellschaftungen der einzelnen Arten (bedingt)
Arno Geiger
Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten Nordrhein-Westfalen, Dezernat
Artenschutz
Castroper Str. 30, D-45665 Recklinghausen Programm
Langzeitbeobachtungen: Gedanken zu Motivation, Voraussetzung, Methodik, Aussagekraft und Grenzen
Kurt Grossenbacher
Langzeitbeobachtungen (hier etwas willkürlich als Zeitreihen länger als 10 Jahre definiert) setzen einiges voraus: Alter und
Sesshaftigkeit des Forschers, meist Freizeituntersuchungen, Einfachheit des
Ansatzes, „Verbissenheit und Zuneigung“, Skepsis gegenüber Berechenbarkeit.
Ein streng definiertes Ziel fehlt oft zu Beginn; Populationsentwicklungen und
deren Fluktuationen werden beobachtet, neuerdings oft Rückgänge bis zum
Verschwinden oder auch ein Populationsaufbau nach Neuschaffungen dokumentiert.
Grenzen und Einschränkungen werden dabei gesetzt durch Personalwechsel,
fehlende Untersuchungsjahre, Beeinflussung der Population durch die eigene
Studie, nicht erfasste Parameter, zu früh gezogene Schlussfolgerungen,
unbekannte Ursachen der Veränderungen. Anhand diverser Beispiele aus den
Schweizerischen Mittelland und dem Tessin werden diese Faktoren illustriert.
Dennoch dürfte sich die Bedeutung solcher Langzeit-Beobachtungsreihen mit den
Jahren noch steigern, erlauben doch nur sie konkrete Aussagen über
Populationsschwankungen und einen eventuellen Artenrückgang (der oftmals zu
schnell als erwiesen behauptet wird). Solche Daten werden von den politischen
Entscheidungsträgern gefordert, sind aber oft nicht vorhanden. Sinnvolle,
konkrete Maßnahmen setzen gute Grundlagen voraus.
Entwicklung verschiedener Amphibienpopulationen im schweizerischen Mittelland, in den Alpen
und in der Südschweiz: Beispiele 12- bis 32-jähriger Zeitreihen.
Kurt Grossenbacher
Mehrere Zeitreihen zur Phänologie von Wanderungen
und Fortpflanzungszeiten zeigen eine klare Verschiebung hin zu früheren
Terminen (Effekt der Klimaerwärmung). Diverse Grafiken über Populationsverläufe
werden präsentiert und die Ursachen der Veränderungen diskutiert. Massive
Populationszusammenbrüche wurden bei Bombina
variegata und Triturus cristatus
im Berner Mittelland dokumentiert. In der Mehrzahl der Fälle lassen sich
Populationsrückgänge zwar vermuten, aber nicht sichern, die jährlichen
Fluktuationen sind zu ausgeprägt und überdecken möglicherweise eine
Populationsabnahme (mehrere Rana temporaria-Populationen im Berner Mittelland).
Eine Gebirgspopulation von Bufo bufo zeigt auf der Adultebene nach einem Einbruch Mitte 80er
Jahre recht stabile Verhältnisse in den 90er Jahren, obwohl der
Fortpflanzungserfolg seit über 10 Jahren äußerst gering ist. Eine Population
von Salamandra atra erwies sich über
7 Jahre als ziemlich konstant, obwohl hier ein Rückgang vermutet worden war.
Einen beeindruckenden Zuwachs verzeichneten mehrere Populationen der kurzlebigen
Arten Rana dalmatina und Rana latastei im Südtessin, nachdem mehrere neue Gewässer angelegt worden
waren. Ein sprunghafter Anstieg der Zahl ablaichender Rana-dalmatina-Weibchen
nach Regen im März 2000 kann allerdings nur sehr schwer erklärt werden. Anhand
dieser Beispiele soll die Komplexität und die völlig verschiedenartigen
Tendenzen von Populationsentwicklungen illustriert werden.
Dr. Kurt Grossenbacher
Naturhistorisches Museum Bern, Bernastr. 15, CH-3005 Bern Programm
Entwicklung von Amphibienpopulationen in natürlichen und künstlichen Kleingewässern einer
Agrarlandschaft: Ergebnisse aus dem Langzeitprojekt „Drachenfelser Ländchen“
Monika Hachtel
Im Entwicklungs- und Erprobungsvorhaben „Entwicklung von Amphibienlebensräumen
in der Zivilisationslandschaft“ wurde über einen Zeitraum von bisher
neun Jahren (1989-1995, 2000-2001) die Bestandsdynamik von sieben
Amphibienarten in einer typischen Agrarlandschaft bei Bonn (Nordrhein-Westfalen)
untersucht. Mit stationären Fangzäunen erfassen wir an drei künstlichen sowie
zwei natürlichen Kleingewässern ganzjährig die an- und abwandernden Tiere.
Durch dauerhafte Markierung (Phalangenamputation sowie Transponder) lassen
sich u. a. Größe der Laichpopulationen, Geschlechterrelationen sowie
Jungtieraufkommen bestimmen. Zentrale Fragen sind:
- Wie verläuft die langjährige Bestandsentwicklung der einzelnen Arten?
- Ist die vorhandene Gewässerkonstellation in der Agrarlandschaft langfristig in der Lage, stabile und eigenständige
Amphibienpopulationen aufzubauen bzw. zu erhalten?
- Gibt es gravierende Unterschiede zwischen natürlichen und künstlichen Gewässern hinsichtlich ihres Wertes als
Amphibienlebensraum?
- Können künstliche Kleingewässer natürliche Gewässer sinnvoll ergänzen bzw. ersetzen?
In diesem Beitrag werden mithilfe der Ergebnisse aus SCHÄFER (1993) und KNEITZ
(1998) die langjährigen Bestandsdynamiken von Erdkröte Bufo bufo, Kammmolch Triturus
cristatus, Bergmolch T. alpestris sowie Teichmolch T. vulgaris in
einem natürlichen und einem künstlich angelegten Gewässer gegenübergestellt.
Teich- und Bergmolch haben in beiden Gewässern in den ersten Jahren hohe
Jungtieraufkommen bei gleichzeitig relativ wenigen Adulten. In späteren Jahren
wächst die Anzahl adulter Tiere beständig, die der Juvenilen sinkt jedoch
ebenso stetig. Der Kammmolch unterliegt über die Jahre „stochastischen“
Schwankungen sowohl in den Adult- als auch den Jungtieraufkommen – inkl. vollständigem Reproduktionsausfall in
manchen Jahren. Die Erdkröte zeigt völlig andere Tendenzen: Im künstlichen
Gewässer nehmen ihre Bestände nach einer ca. dreijährigen Besiedlungsphase
wieder ab. Aber auch im natürlichen Gewässer mit anfänglich sehr hohen
Bestandsgrößen geht die Art schon seit 1991 zurück. Ihre Populationsgrößen
liegen aktuell in beiden Gewässern bei nahezu null. Daraus ist zu schließen:
- Artenspektrum, Populationsgrößen und Jungtieraufkommen können sich innerhalb weniger Jahre stark verändern.
- Die Populationsdynamik verläuft bei jeder Art unterschiedlich: Die Erdkröte fungiert deutlich als Pionierart, während
die drei Molcharten wesentlich längere Besiedlungsphasen zeigen.
- Zwischen den künstlichen und den natürlichen Gewässern existieren keine offensichtlichen
Unterschiede hinsichtlich Artenspektrum und Fortpflanzungserfolg (d. h. ihrem „Wert“ für Amphibien).
- Künstlich angelegte Kleingewässer werden auch in einer intensiv genutzten Landschaft nach einer „Sukzessionsphase“
dauerhaft von Amphibien besiedelt. Sie können damit einen dauerhaften Beitrag zur Stärkung und Vernetzung der Populationen leisten.
- Die Bestandsentwicklung aller Amphibienarten entspricht bisher einer Sukzession; zyklische Änderungen sind (noch) nicht erkennbar.
- Nur durch Langzeituntersuchungen kann die Bedeutung von Gewässern für Amphibienvorkommen, Populationsgrößen
und Fortpflanzungserfolg detailliert abgeschätzt werden.
KNEITZ, S. (1998): Untersuchungen zur Populationsdynamik und zum Ausbreitungsverhalten von Amphibien in der Agrarlandschaft. – Bochum (Laurenti)
237 S.
SCHÄFER, H.-J. (1993): Ausbreitung und Entwicklung von Amphibien-Populationen in der Agrarlandschaft. – Bonn (Dissertation, Rheinische
Friedrich-Wilhelms-Universität) 294 S.
Das Projekt wird durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) gefördert.
Dipl.- Biol. Monika Hachtel
Zool. Forschungsinstitut und Museum A. Koenig, Sekt. Herpetologie,
Adenauerallee 160, D-53113 Bonn,
Tel: 0228 / 9122-254, e-mail: m_hachtel@yahoo.com Programm
Braunfroschlaichballen
an 50 benachbarten Gewässern verschiedenen Alters - auf der Grundlage von jährlichen
Zählungen von 1993-2001
Wolfram Hammer
In einem 780ha großen Naturschutzgebiet im Nordosten Hamburgs
wurden 1991 bis 1993 37 Teiche neu angelegt. Die kontinuierliche Erfassung der
Laichpopulationen dieser und anderer, älterer Gewässer eröffnet verschiedene
Auswertungsperspektiven. Insgesamt wurden etwa neunzig Prozent der im Gebiet
vorhandenen Laichgewässer untersucht. Ein zentral gelegener "alter" Gewässerkomplex von herausragender
Größe konnte nicht in die Untersuchungen einbezogen werden.
Die Gesamtzahl der gefundenen Laichballen steigt in den neun Untersuchungsjahren von 1051 auf 8194 im Jahr
2001, mit einem Maximum in 1999 von 9550 Laichballen. Die auf dem Poster präsentierten
Daten und Grafiken geben die Möglichkeit, Populationsentwicklungen an einer großen
Zahl von Gewässern einer Metapopulation unter folgenden Gesichtspunkten
vergleichend zu betrachten:
- Populationsdynamik an alten und neuen Gewässern: Neue Gewässer haben im Durchschnitt vom siebten bis zehnten
Entwicklungsjahr eine doppelt so hohe Populationsdichte wie alte.
- Populationsdynamik an isolierten und im Verbund gelegenen Gewässern: Isoliert gelegene Gewässer haben in der Mehrzahl
nach der Erstbesiedlung eine steilere Populationszunahme. Erklärungsversuch: höhere Konzentration von Anwanderern?
- Populationsentwicklung an kleinen und großen Gewässern: Zwischen einer Gruppe von zehn durchschnittlich 360 qm großen und einer Gruppe von neun durchschnittlich 800 qm großen Teichen
zeigt sich kein signifikanter Unterschied.
- Populationsentwicklung an benachbarten Teichen: Sie ist auffallend häufig genau gegenläufig, was als Anzeichen für Flexibilität bei
der Laichgewässerwahl gedeutet wird.
Es finden sich Gewässer mit noch nicht erklärbaren Sonderentwicklungen: In einer Dreier-Gruppe sehr ähnlicher
Gewässer gleichen Alters, die zwischen hundert und zweihundert Meter
voneinander entfernt liegen, wird ein Teich zwischen seinem achten und
sechzehnten Entwicklungsjahr nur zwei mal von Braunfröschen zum Laichen
genutzt. Damit ist dieser Teich der am wenigsten besiedelte von allen
untersuchten. Die anderen beiden Teiche der Gruppe werden in durchschnittlichem
Ausmaß besiedelt. Fische als Prädatoren erscheinen ausgeschlossen.
Die Daten wurden durch dreifache Begehung zur Laichzeit gewonnen und sind damit von hoher Zuverlässigkeit.
Grasfrosch und Moorfrosch konnten häufig nicht sicher differenziert werden,
deshalb werden hier nur Auswertungen präsentiert, in denen die
Laichballenzahlen beider Arten zusammengefasst sind. Artspezifische
Interpretationen sind dadurch erschwert. Die untersuchten Gewässer liegen
innerhalb eines fast unzerschnittenen Naturschutzgebietes mit einem weitgehend
naturnahen Umfeld. Sie sind zwischen 8000 und 200 qm groß.
Wolfram Hammer
Suhrsweg 6, 22305 Hamburg
Tel: 040 69702657; e-mail: Wolfram.Hammer@gmx.de Programm
Wiederansiedlung
vom Laubfrosch im Landkreis Rotenburg (Wümme) – Eine Bilanz nach 17 Jahren
Ludger Hellbernd & Friedo Berninghausen
Das Wiederansiedlungsprojekt begann 1984 mit dem Aussetzen von Kaulquappen in neu
geschaffenen flachen Überschwemmungsgewässern. Die nächsten natürlichen
Vorkommen auf der Zevener Geest befinden sich im Kreis Stade ca. 20 km entfernt.
Die Bilanz nach 17 Jahren sieht folgendermaßen aus:
Bei einer Überprüfung von 201 Stillgewässern in einem 230 km2 großen
Gebiet rund um den Wiederansiedlungsort wurden 30 Ruf- und 18 Fortpflanzungsgewässer
nachgewiesen. Die Gewässer liegen in einem ca. 54 km2 umfassenden
Gebiet. Die Rufgruppen bestehen überwiegend aus kleinen Männchengruppen von 3
- 10 Tieren, aber auch aus mehreren großen Rufgruppen aus >50 rufenden Männchen.
Als wichtigste Maßnahme sind nach wie vor die Anlage und Pflege von flachen
fischfreien Überschwemmungsgewässern zu nennen. Bereits im zweiten Jahr nach
der Entstehung werden diese sommertrockenen Gewässer von den Laubfröschen
angenommen.
Das Projekt wird getragen von der Bremer Naturschutzstiftung und der Stiftung Naturschutz im Landkreis Rotenburg (Wümme).
Ludger Hellbernd
Bardenfleth 36, D - 28259 Bremen Programm
Orientierung
juveniler Amphibien auf Ackerflächen
Jens Hennig, Berthold Janßen und Harald Plachter
Zur Bedeutung von Äckern als Lebens- und Wanderräume für Amphibien liegen bisher
kaum Daten vor. Im Rahmen eines multidisziplinären Verbundprojektes zur standörtlich
differenzierten Pflanzenproduktion (PREAGRO, siehe: www.preagro.de) wurden in
den Jahren 2000 und 2001 Untersuchungen zur Nutzung von Ackerflächen durch
Amphibien und Effekten der Bewirtschaftung auf einem Projektbetrieb (KSG Kassow)
in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt. Eine naturräumliche Besonderheit sind
zahlreiche Kleingewässer (Sölle), die in den Schlägen liegen. Im
Untersuchungsgebiet dienen diese Sölle mindestens zehn Amphibienarten als
Fortpflanzungsstätten (geordnet nach Häufigkeit): Bufo bufo, Rana arvalis,
Rana temporaria, Hyla arborea, Rana kl. esculenta, Pelobates fuscus,
Bombina bombina, Triturus cristatus, T. vulgaris und Bufo viridis.
Ein wichtiger Aspekt für die Beurteilung der Lebensraumfunktion von Äckern ist in diesem Zusammenhang das Verhalten von
juvenilen Amphibien, die von den Söllen abwandern. Es wurde eine Methode
entwickelt, Zonen hoher Amphibiendichte flächendeckend auf Schlagebene
abzubilden und mit Umwelt- und Bewirtschaftungsparametern in Beziehung zu
setzen. Zur Ermittlung der Abwanderrichtungen von Jungamphibien erfolgten
standardisierte Fahrspurbegehungen im Umkreis von 100 m um insgesamt neun Sölle,
das entspricht einer Untersuchungsfläche von über 42 ha.
Die Untersuchung beider Jahre zeigen, dass die Abwanderung im 20-100 m-Umkreis um das
Gewässer nicht zufällig, sondern gerichtet erfolgt. Als Attraktoren wirken
benachbarte Gewässer und Kulissen (Wälder, Baumreihen oder Hecken) in
Entfernungen von 300-500 m. Abwanderer bewegen sich in den vom Gewässer wegführenden
Fahrspuren besonders weit fort.
Die Untersuchungen wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Jens Hennig, Berthold Janßen & Harald Plachter
Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Biologie, Fachgebiet Naturschutz
Karl von Frisch-Straße, D-35042 Marburg Programm
Monitoring
von Amphibienpopulationen – Notwendigkeit, Anforderungen und Methoden zur FFH-Umsetzung und im
Naturschutz allgemein
Monitoring – Definition, Ziele und Bedeutung
Ein Arten-Monitoring kann definiert werden als „study of the abundance of
individuals in one or more populations of a species at a site through time” (W.R.
HEYER et al. 1994, Measuring and
Monitoring Biological Biodiversity – Standard Methods for Amphibians,
Smithsonian, Washington/London, 364 pp.). Ziel ist, quantitative Veränderungen von Populationen nachzuweisen und ihre
Ursachen aufzuklären – um sowohl negative Umweltveränderungen frühzeitig (d.h. vor
dem lokalen Erlöschen von Populationen) zu bemerken als auch positive
Auswirkungen von Naturschutz-Maßnahmen zu belegen.
Verpflichtungen aus der FFH-Richtlinie
Die FFH-Richtlinie verpflichtet „zur Wiederherstellung oder Wahrung
eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und der Arten
von gemeinschaftlichem Interesse“. Zu diesen zählen sowohl die Arten des
Anhangs II (Kamm- und Alpenkammmolch, Gelb- und Rotbauchunke) als auch des
Anhangs IV (neben v.g. Alpensalamander, Geburtshelferkröte, Moorfrosch,
Springfrosch, Kleiner Wasserfrosch, Knoblauch-, Kreuz- und Wechselkröte sowie
Laubfrosch) sowie des Anhangs V (Teich-, See- und Grasfrosch). Die
FFH-Richtlinie fordert für diese explizit eine Überwachung von Bestandsänderungen:
- Art. 11: Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, den Erhaltungszustand der in Art. 2 genannten Arten (Anhänge II, IV und V) zu überwachen.
- Art. 12 Abs. 4: Ein „System zur fortlaufenden Überwachung
des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV Buchstabe a) genannten
Tierarten“ muss als Grundlage für Untersuchungs- oder Erhaltungsmaßnahmen
dienen. Zum unbeabsichtigten Töten zählen nach Abs. 1 d) auch Veränderungen
bzw. Vernichtungen von Fortpflanzungs- und Ruhestätten.
- Art. 17: Alle sechs Jahre ist eine Berichtspflicht durch die
Mitgliedsstaaten vorgesehen, in deren Rahmen durchgeführte Maßnahmen zur
Erhaltung der Arten, deren Auswirkungen auf Anhang-II-Arten sowie die
wichtigsten Ergebnisse der in Art. 11 genannten Überwachung zusammenzustellen
sind.
Theoretische Anforderungen an ein Monitoring und Schwierigkeiten bei Amphibien
Ein sinnvolles Monitoring muss mit quantitativen Daten arbeiten, die jährlich mit möglichst identischen Methoden
(inkl. Zeitaufwand) erhoben werden. Mindestens erforderlich sind relative,
besser absolute Häufigkeits-Angaben; populationsökologische Gesichtspunkte
(z.B. Altersstruktur, Reproduktionserfolg) sollten berücksichtigt werden. Ein
isoliertes Monitoring an einzelnen Gewässern ist wenig sinnvoll, weil es die
ggf. vorhandene (Metapopulations-)Dynamik außer Acht lässt. Auszuwählen sind
für die zu betrachtenden Naturräume (z.B. innerhalb eines Bundeslands)
hinsichtlich ihrer Ausstattung möglichst repräsentative Ausschnitte mit i.d.R.
mehreren Gewässer(komplexe)n. Problematisch sind die unterschiedliche
Erfassbarkeit der Arten sowie vor allem die bekannten starken
Populationsschwankungen bei Amphibien an den Laichgewässern von Jahr zu Jahr,
so dass es schwierig ist, Fluktuationen von gerichteten Veränderungen zu
unterscheiden.
Bsp. Hessen: Leitlinien eines Amphibien-Monitoringkonzepts aus fachlicher Sicht
Vor dem Hintergrund der allgemeinen Ausführungen werden exemplarisch Leitlinien eines
Monitoring-Konzepts für Amphibien im Bundesland Hessen skizziert, welches
zurzeit im Auftrag des Umweltministeriums erarbeitet wird.
PD Dr. Eckhard Jedicke
Universität Karlsruhe, Institut für Geographie und Geoökologie
Jahnstr. 22, 34454 Bad Arolsen
Tel: (05691) 7197, Fax 50211, e-mail: info@jedicke.de, Internet
www.jedicke.de Programm
15 Jahre
quantitative Amphibienerfassungen an einem mesotrophen Moorsee in Berlin
– Populationsdynamik und Konsequenzen für ein Monitoring
Klaus-Detlef Kühnel
Im berliner Naturschutzgebiet „Barssee“ wurden die Amphibienbestände
zwischen 1980 und 1994 jährlich mit Fangzäunen quantitativ erfaßt. Der
inmitten eines Waldgebietes gelegene See verlandete bis 1985 fast vollständig
und wurde in den Folgejahren über einen Graben bewässert. Er ist Laichplatz für
sechs Arten: Teichmolch (Triturus vulgaris), Knoblauchkröte (Pelobates fuscus),
Erdkröte (Bufo bufo), Moorfrosch (Rana arvalis), Grasfrosch (Rana temporaria)
und Teichfrosch (Rana kl. esculenta).
Die Bestandsentwicklung der einzelnen Arten war unterschiedlich. Ohne Erkennbare
Zu- oder Abnahme verlief lediglich die Populationsentwicklung bei der Erdkröte
deren Bestände abgesehen von einem Maximum von 4899 Tieren im Jahr 1991
zwischen 2000 und 3700 Individuen schwankten. Die kleine Knoblauchkrötenpopulation
zeigte eine Abnahme um mehr als 90%, wofür Aufforstungen und Vebuschungen
ehemals offener Sandflächen verantwortlich zu machen sind. Die Teichmolchbestände
nahmen während der Verlandungsphase des Sees stark ab und erreichten nach
Beginn der Bewässerung ein Maximum. Entgegengesetzt verlief die
Populationsentwicklung beim Moorfrosch. Die Zahl der adulten Moorfrösche
schwankte vor der Bewässerung zwischen 1200 und 2400 Individuen und ging bis
1994 auf 10% des früheren Niveaus zurück. Grasfrösche wurden erstmals 1988
nachgewiesen und zeigten seitdem eine stetige Populationszunahme.
Die Auswertung der Populationsentwicklungen für ein Monitoring im
Naturschutzgebiet durchgeführter Maßnahmen zeigt, dass der See durch Bewässerung
seit 1986 als Amphibienlaichgewässer gesichert werden konnte, das Ziel, eine
moortypische Amphibienzönose mit dem Moorfrosch als einer dominierenden Art zu
erhalten, nicht erreicht wurde, vielmehr wurden euryöke Arten gefördert.
Klaus-Detlef Kühnel
Am Horst 4, D-15741 Bestensee Programm
Langzeitdaten
zur strukturellen und räumlichen Entwicklung der deutschen Populationen der Würfelnatter (Natrix tessellata)
Sigrid Lenz, Andrea Herzberg, Almuth Schmidt und Michael Gruschwitz
Die drei Reliktpopulationen der Würfelnatter (Natrix tessellata) in
Deutschland unterliegen seit 1980 in unterschiedlicher Intensität einer
kontinuierlichen Bestandskontrolle im Rahmen von wissenschaftlichen
Untersuchungen, Monitoringaufgaben, Naturschutzplanungen oder Effektivitätsprüfungen
von durchgeführten Schutzmaßnahmen. Daraus resultiert ein über 20 Jahre
gesammeltes heterogenes Datenmaterial zur Populationsdynamik der Würfelnatter,
das in ursächlichen Zusammenhang mit einer Reihe von anthropogen bedingten oder
natürlichen Ereignissen (Gefährdungen, Stützungsmaßnahmen, Klimasituationen
etc.) gestellt werden kann, die positiven oder negativen Einfluss auf die
Populationen hatten. Dies soll beispielhaft durch ausgewählten Fallstudien
vorgestellt werden, die sich auf Langzeitdaten zur Bestandsentwicklung, räumlichen
Verteilung, Altersstruktur oder Reproduktionsleistung von Würfelnatter-Populationen vor und nach Umsetzung bestandsstützender
oder habitatgestaltender Maßnahmen beziehen. Die Vorstellung der Ergebnisse
schließt kritische Anmerkungen zur Methodik und Aussagerelevanz der Daten ein.
Sigrid Lenz
Am Wallgraben 8, D-56751 Polch
e-mail: Lesch-Lenz@t-online.de
Andrea Herzberg
Hunsrückhöhenstr. 2c, D- 56154 Boppard
e-mail: Andrea.Herzberg@t-online.de
Almuth Schmidt
AG Evolutionsbiologie, Fachbereich 2(Biologie) Universität Bremen
P.O.Box 330440, D-28344 Bremen
e-mail: uzsr2k@uni-bonn.de
Michael Gruschwitz
Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft
Wilhelm-Buck-Str. 2, D-01097 Dresden
e-mail: Gruschwitz@smul.sachsen.de Programm
Räumliche
Strukturierung eines lokalen Vorkommens der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (L.) in
Litauen und weitere Angaben zur Populationsbiologie
Anne-Claire, Martina Meeske & Krzysztof Jakub Rybczynski
Von 1997-2001 wurden verschiedene Untersuchungen an einem lokalen Vorkommen der Europäischen Sumpfschildkröte
(Emys orbicularis) im Schutzgebiet Kuculishkes und in seiner direkten Umgebung in Südwestlitauen durchgeführt.
Zum Untersuchungsgebiet gehören vier permanente und mehrere temporäre Gewässer sowie überschwemmte Flächen
bei höherem Grundwasserspiegel. Weitere Bestandteile sind Sandtrockenrasen,
extensiv genutzte Wiesen und Weiden, Laubmischwälder und extensiv genutzte
Kiefernforste.
Die Schildkröten wurden mit beköderten Fangreusen, Reusenfallen oder mit der Hand gefangen, um sie zu vermessen, zu
wiegen und mit Acrylfarbe individuell zu markieren. Bei verschiedenen
Adulttieren wurden Sender auf den Rückenpanzern fixiert. Die Aufenthaltsgewässer
und Migrationen wurden anhand von Sichtbeobachtungen, Fang-/Wiederfang und
Telemetrie bestimmt. Eiablageplätze und Eiablagemigrationen wurden durch Sicht-
und Telemetriekontrollen ermittelt.
Die beiden größten Gewässer A und G wurden von den Schildkröten ganzjährig genutzt. Hier sammelten sich die
Individuen im Spätsommer und Herbst zur Überwinterung und konzentrierten sich
während des Winters in wenigen Bereichen. Ab dem Frühjahr verteilten sich die
Tiere über die verschiedensten Wasserkörper. Ein Großteil der Gewässer bzw.
Gewässerabschnitte wurde nur während des Frühjahrs und Sommers aufgesucht.
Die Adulti des Gewässers A wanderten im Sommer zu den Gewässern B und C und den Gewässern, Kanälen und
überschwemmten Flächen des M-Bereiches, dagegen nutzten die Schildkröten des
Gewässers G bevorzugt die Gewässer D, F, H, I und den überschwemmten
K-Bereich. Während für die Weibchen kein Wechsel der Ganzjahresgewässer beobachtet werden konnte, haben 3
der 10 Männchen nachweislich ihr Ganzjahresgewässer verändert. So scheinen
die Männchen die Verbindung des Vorkommens zu bilden.
Die Weibchen des Gewässers A legten zumeist an den Eiablageplätzen 2 und 3 ihre Nester an, und die Weibchen
des Gewässers G wählten häufiger die Eiablageplätze 1, 4 und bisher unbekannte Plätze.
Für einige Gewässer wurden sommerliche Individuendichten aus der Anzahl Schildkröten im Verhältnis zur
Gewässeroberfläche errechnet. Für Gewässer mit einer Mindestgröße von 300 m² ergaben sich Dichten von
43 - 250 Tieren
pro Hektar Wasserfläche. In Gewässern kleiner als 100 m² wurden deutlich höhere Individuendichten von
400 - 667 Tieren
pro Hektar Wasserfläche ermittelt. Zwar blieb die Gesamtindividuenzahl für das
Gebiet etwa gleich, in den einzelnen Gewässern kam es jedoch zu starken
Schwankungen der Individuendichten innerhalb des Jahres. Mit dem Hinweis, dass
größere Tiere meist älter sind, lässt sich nach der
Größenklasseneinteilung
eine leichte Verschiebung in die höheren Klassen und somit eine leichte Überalterung
des Vorkommens feststellen.
Das Geschlechterverhältnis lag bei 1:3 und der Juvenilanteil bei 23 % [Adulti: 41 (Männchen: 10; Weibchen:
31); Juvenile: 12).
Die Weibchen legten pro Jahr 1 Nest an mit durchschnittlich 12 - 13 Eiern (Spanne:
7 - 20 Eier), wobei Nester größerer
Weibchen meist eine größere Anzahl an Eiern enthielten. Noch sehr alte Tiere
waren an der Reproduktion beteiligt. Die Beobachtungen weisen darauf hin, dass
die Weibchen nicht jedes Jahr an der Reproduktion beteiligt sind. Einige Tiere
hatten jedoch in mindestens 5 aufeinanderfolgenden Jahren ein Nest.
Die Untersuchungen wurden ermöglicht durch die Unterstützung des DAAD (Hochschulsonderprogramm III), der DGHT und
des Universitätsbundes Göttingen.
A.C.M. Meeske & K.J. Rybczynski
Zentrum für Naturschutz der Universität Göttingen
Von-Siebold-Str. 2, 37075 Göttingen
e-mail: mmeeske@gwdg.de Programm
Flexibilität
und Kontinuität in der Strategie einer Pionierart – Ergebnisse einer
Langzeitstudie an der Kreuzkröte ( Bufo calamita)
Frank Meyer
Auf Grund eines massiven Verlustes ursprünglicher Lebensräume in der
Kulturlandschaft des mitteleuropäischen Binnenlandes besiedelt die Kreuzkröte
(Bufo calamita) heute nahezu ausschließlich Sekundärhabitate. Die natürliche Standortdynamik wird hier durch die
wirtschaftliche Tätigkeit des Menschen imitiert, wobei infolge Bodenverwundung
und -verdichtung „Optimalhabitate“ generiert werden, die durch flache,
vegetationsfreie oder -arme Kleingewässer und lichte Landlebensräume
gekennzeichnet sind. Dementsprechend geht die Aufgabe oder Änderung dieser
Nutzungen mit einer schrittweisen Habitatentwertung einher. Die langjährige
Dokumentation derartiger Prozesse erfolgte im Rahmen der vorliegenden aut- und
populationsökologischen Studie über einen Zeitraum von 10 Jahren (1992-2001)
auf einem Truppenübungsplatz und über 8 Jahre (1994-2001) in einem
Braunkohlentagebau im mittleren Sachsen-Anhalt, jeweils beginnend zum Zeitpunkt
der Nutzungsaufgabe. Die fotografische Individualerkennung der Tiere bildete die
Grundlage für Fang-Wiederfang-Studien, welche sowohl der Ermittlung der
Populationsgrößen als auch individueller Raumnutzungsmuster dienten. Dabei war
teilweise eine bemerkenswert hohe und langjährige Standort- (resp. Laichgewässer-)
treue erkennbar. Ferner konnte eine große Variabilität in der Phänologie des
Laichgeschehens registriert werden, welches vom Totalausfall jeglicher
Reproduktionsaktivität bis zu vier jährlichen Laichphasen reicht. Die Effekte
der Sukzession des Lebensraumes manifestieren sich bereits auf der larvalen
Ebene. Zunehmend hohe Vegetationsdichten in den Laichgewässern dämpfen die
typischerweise sehr großen Temperaturamplituden, welche als wichtiges
Entwicklungssignal interpretiert werden. Eine verlängerte Larvalperiode erhöht
die Vulnerabilität gegenüber Prädatoren und anderen pessimalen Einflüssen
und reduziert damit wirksam den Reproduktionserfolg.
Frank Meyer
RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz, Am Kirchtor 27, 06108 Halle (Saale)
e-mail: info@rana-halle.de Programm
Populationsentwicklung
und Veränderung der Frühjahrsaktivität des Grasfrosches (Rana temporaria)
in einem Laubmischwald 1986-2001
Detlef Münch
Von 1986-2001 sind frühjährlich in 14 Gewässern im Aplerbecker Laubmischwald in Dortmund die dort ablaichenden
Grasfroschpopulationen durch das Auszählen ihrer abgelegten Laichballen
quantitativ erfasst sowie der Zeitpunkt des Beginns ihrer Frühjahrs- und Laichaktivität beobachtet worden.
In den letzten 15 Jahren hat der Grasfrosch seine Frühjahrswanderung um durchschnittlich 20 Tage vorverlegt, so
dass er im Mittel heute bereits in der zweiten Februarwoche loswandert. Ein
Trend der Vorverlegung seiner Laichablage konnte nicht beobachtet werden. Die
Vorverlegung der Wander- bzw. Laichaktivität pro ° C Temperaturerhöhung beträgt vier Tage.
Die nachgewiesenen Laichanzahlen schwanken seit 1986 zwischen 311 und 603 Ballen. Die Zahl der abgesetzten
Laichballen wird von der Zahl der geschlechtsreifen Weibchen bestimmt, deren
Abundanz neben anthropogenen Gefährdungen und natürlichen biotischen Faktoren
vor allem von der für die Mortalität während der Hibernation verantwortlichen
Temperatur im zumeist aquatischen Winterlebensraum abhängig ist.
Winterliche Temperaturschwankungen in den letzten 15 Jahren haben demnach einen
Einfluss auf die Populationsgröße
des Grasfrosches und spiegeln sich in der Zahl der Froschweibchen, ihren
abgelegen Laichballenmengen und somit in der Reproduktivität der Art wider.
Bei der Korrelation der jährlichen Laichballenzahlen im Aplerbecker Wald mit der Wintermitteltemperatur konnte dies
bestätigt werden, so dass sich einen Laichballenzunahme pro ° C
Temperaturerhöhung um
24 Ballen ergab. Gegenüber einer mittleren Laichballenanzahl von 445 Ballen ist
dies ein Zuwachs um 5,4% pro ° C Temperaturerhöhung. Je größer das
Untersuchungsgebiet, desto enger ist entsprechend der höheren Laichballenzahl
die Korrelation zwischen Wintertemperatur und Laichballenmenge.
Dies sind wichtige Indizien, dass klimatische Einflüsse eine große Bedeutung für beobachtete Populationsgrößen
und natürliche Populationsschwankungen haben. Eine weitere Temperaturzunahme,
die im Rahmen der globalen Klimaveränderungen prognostiziert wird, hätte auch
Einfluss auf die sinkende Moratlität von Amphibien im Winterquartier und somit
höhere Reproduktionzahlen zur Folge. Gleichzeitig kommt es jedoch zu früheren
Laichwanderungen der Grasfrösche, die durch klimatische Frühjahrswitterungsextrema
und nicht rechtzeitig erfolgte Schutzmaßnahmen an Straßen stärker gefährdet
sind. Der Grasfrosch eignet sich gut als Bioindikator oder Biodeskriptor für
kurzfristige oder langzeitige klimatische Schwankungen oder Veränderungen.
Detlef Münch
Menglinghauser Str. 22a, D-44227 Dortmund Programm
Populationsbiologische
Studien an Ringelnattern, Natrix natrix (L.) am See Fehér bei Szeged
Zoltán Tamás Nagy & Zoltán Korsós
1996 begann eine feldherpetologische Untersuchung am See Fehér bei Szeged (Süd-Ungarn) mit dem
Ziel, von den dort vorkommenden Ringelnattern, ökologische und morphologische
Daten zu erfassen. Wir fingen und vermaßen 188 Exemplare, deren Bauchseite zur
Wiedererkennung fotografiert wurde. Lediglich zwölfmal wurden Tiere
wiedergefangen. In der Probe ist das Geschlechterverhältnis mit etwa 1:1
ausgeglichen. Etwa ein Drittel der Ringelnattern hatte auf der dorsalen Körperseite
zwei helle Streifen; die Exemplare wurden aufgrund des Geschlechts und dieses
Merkmals in Gruppen aufgeteilt. Morphologische Indices, Ventralia- und Subcaudalia-Anzahl
ergaben signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Signifikante
morphologische Unterschiede konnten zwischen den gestreiften und nicht
gestreiften Individuen nicht festgestellt werden, aber deren postembrionale
Wachstumskurve, bzw. deren KRL-Gewicht-Relation sind unterschiedlich. Die
Schlangen wurden in Größen- und Altersklassen eingruppiert. Die
Größenklassenverteilung
der Weibchen folgt der normalen Verteilung, bei den Männchen scheint es nicht
so zu sein. In dem Gebiet fanden wir allerdings sehr wenige juvenile Nattern,
die möglichen Eiablageplätze werden diskutiert. Die Individuen beider
Geschlechter wurden optisch drei Altersklassen (juvenile, subadult und adult) zugeordnet.
Die interspezifischen Kontakte wurden anhand der Verletzungen und Antiprädator-Reaktionen in Detail
untersucht. Außerdem berichten wir von unseren sporadischen Beobachtungen über
Nahrung und Reproduktion.
Die naturschutzrelevanten Konsequenzen und mögliche Fortsetzung der Untersuchungen werden diskutiert.
Zoltán Tamás Nagy
Im Bildsacker 8, 69151 Neckargemünd
e-mail: lustimaci@yahoo.com
Zoltán Korsós
Ungarisches Naturhistorisches Museum, Baross u. 13., H-1088 Budapest Programm
Wie viele
Eier legt der Molch?
Methodenvergleich zur Ermittlung der Fekundität von Triturus alpestris und
T. vulgaris
Ruth Rottscheidt & Meike Thomas
Die Fekundität (Anzahl Eier pro Weibchen) ist ein wichtiger Parameter zur
Beschreibung der Struktur bzw. Dynamik von Amphibienpopulationen. Angaben zur
Fekundität bei Triturus - Arten in der Literatur weichen stark voneinander ab; vor allem, da die Daten mit
unterschiedlichen Methoden ermittelt wurden. Verlässliche Freilanddaten zu
erlangen, erweist sich aufgrund der Art der Eiablage von Urodelen als schwierig.
Deshalb wählen viele Autoren die Methode der Bestimmung der Ovarien-Masse oder
zählen die reifen Oocyten (KALEZIć et
al. 1996, VERRELL & FRANCILLION 1986). Da unter natürlichen Bedingungen aber nicht alle Eier abgelegt werden -
viele Molche besitzen auch noch nach Beendigung der Reproduktionsphase reife
Oocyten in den Ovarien (HAGSTRÖM 1980) – ist der so ermittelte Wert zu hoch. Bei
Aquarienversuchen ergibt sich die Problematik, dass oftmals die Eiablage,
vermutlich stressbedingt, frühzeitig eingestellt wird (BAKER 1992) und damit die Eizahl unterschätzt wird.
Um für die Region des Drachenfelser Ländchens nahe Bonn (Nordrhein-Westfalen) verlässliche
Aussagen zur durchschnittlichen Eizahl von T. alpestris und T. vulgarismachen zu können, wurden
drei verschiedene Methoden angewandt, deren Kombination sowohl eine Über- als auch eine Unterschätzung verhindern soll.
Die maximale Eizahl wurde anhand von Oocytenzählungen bei jeweils acht Weibchen
ermittelt. Diese Zahlen wurden mit Daten verglichen, die in Aquarienversuchen
bestimmt wurden (Methodik vgl. MIAUD 1994). Hierbei wurden die Eier von jeweils acht Paaren jeder Art über einen
Zeitraum von acht Wochen täglich ausgezählt. Eine Vergleichsgruppe wurde mit
einem gonadenstimulierenden Hormon behandelt, das der stressbedingten Resorption
von Oocyten entgegenwirkt. Dies sollte eine Unterschätzung der mittleren Eizahl
im Aquarienversuch verhindern.
Für T. alpestris ergab sich nach Mittelung der verschiedenen Ergebnisse ein Wert von
durchschnittlich 201 Eiern je Weibchen, T. vulgaris-Weibchen
legten durchschnittlich 257 Eier. Da diese Werte kombinierte Ergebnisse aus
unterschiedlichen Methoden sind, sollten sie relativ repräsentativ für die Triturus-Populationen
des Untersuchungsgebietes sein.
BAKER, J. M. R. (1992): Egg production in the smooth newt (Triturus vulgaris). - Herpetological Journal 2: 90-93.
HAGSTRÖM, T. (1980): Growth of newts (Triturus cristatus and Triturus vulgaris) at various ages. - Salamandra 16(4): 248-251.
KALEZIC, M. L., CVETKOVIC, D., DJORVIC, A. & DZUKIC, G. (1996): Alternative life-history pathways:
paedomorphosis and adult fitness in European newts (Triturus vulgaris and T. alpestris).- Journal of Zoological
Systematics and Evolutionary Research 34: 1-7.
MIAUD, C. (1994): Role of wrapping behaviour on egg survival in three species of Triturus
(Amphibia: Urodela).- Copeia 2: 535-537.
VERRELL, P. A. &FRANCILLION, H. (1986): Body size, age and reproduction in the Smooth
newt.- Journal of Zoology,
London (A) 210: 89-100.
Ruth Rottscheidt, Meike Thomas
Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Sekt. Herpetologie
Tel. 0228 / 9122-254, Fax. 0228 / 216979,email: ruthrottscheidt@aol.com,
meikethomas@gmx.de Programm
„Darf's ein bisschen mehr sein?“ – Ein kritischer Vergleich quantitativer Erfassungsmethoden am Beispiel von Teich- und Bergmolch
Ulrich Sander, David Tarkhnishvili und Klaus Weddeling*
Bei Langzeituntersuchungen an Amphibienpopulationen mit stationären Fanganlagen an fünf Laichgewässern im
„Drachenfelser Ländchen“ südlich von Bonn (Nordrhein-Westfalen) stellte
sich die Frage, ob die Bestände (Laichpopulationen) tatsächlich durch bloße Zählung
der anwandernden Teich- und Bergmolche (Triturus vulgaris, T. alpestris) zuverlässig
ermittelt werden können. Probleme bereiten mehrfach anwandernde oder bereits
vorher im Gewässer befindliche Tiere, die doppelt bzw. gar nicht erfasst
werden. Dies würde zu einer deutlichen Über- bzw. Unterschätzung
der Bestandsgröße führen. Mit Hilfe einer Gruppenmarkierung (Phalangenamputation
an einem Zeh der Vorderfüße) einwandernder Adulti beider Arten im Jahr 2001
(von Januar bis Juli) sollte geklärt werden, ob und wie stark ihre Bestände über-
bzw. unterschätzt werden. Durch Kombination von Gruppenmarkierung am Fangzaun und Wiederfang
der Tiere im Gewässer mit Hilfe von Reusen wurde dabei eine “korrigierte
Bestandsgröße“ bestimmt. Diese ergibt sich aus der Summe der bereits aus
dem Vorjahr noch im Gewässer befindlichen (und daher unmarkierten) Tiere und
der Zahl der Zuwanderer an den Fangzäunen, die markiert werden. Die korrigierte
Bestandsgröße (die je nach Art und Geschlecht zwischen 60 und 1000
Individuen je Gewässer liegt) wurde für jede Art und jedes Gewässer mit den
entsprechenden Werten verglichen, für den Fall dass nur mit dem Fangzaun (ohne
Markierung und ohne Reusen), mit Fangzaun und Markierung (ohne Reuseneinsatz) gearbeitet würde.
Fangzaun ohne Markierung:
An drei von fünf untersuchten Gewässern werden die Bergmolch-Bestände z.T. um mehr als 100% überschätzt,
während die Anzahl der Tiere an den übrigen beiden Gewässern mehr oder weniger korrekt
bestimmt wird. Beim Teichmolch sind die Unterschiede zwischen den
Erfassungsmethoden geringer, die Größe der Laichpopulationen wird aber auch
hier erheblich, z.T. um über 70%, überschätzt. Das Geschlechterverhältnis
wird dagegen auch ohne Gruppenmarkierung in etwa korrekt eingeschätzt (meist
weniger als 10 % Abweichung).
Fangzaun mit Markierung:
Diese Methode ist zwar genauer, führt aber zu einer Unterschätzung
der Bestände, da ohne Reusenerfassung die vorher im Gewässer befindlichen
Tiere nicht mitgezählt werden. Die Abweichungen sind aber immerhin deutlich
geringer (bis max. 32 %) als bei einer Erfassung ohne Markierung der Tiere.
Der alleinige Einsatz von stationären Fangzäunen (ohne Markierung der Tiere und ohne Reusenfänge) kann an einzelnen
Gewässern zu erheblichen Fehleinschätzungen der Bestandsgröße
(Laichpopulation) führen. Die Gründe dafür sind einerseits in der regen
Wanderaktivität der Tiere zu sehen, die ein Gewässer z.T. kurzfristig während
der Laichperiode verlassen, um dann wenig später erneut einzuwandern.
Andererseits befinden sich auch innerhalb des Zauns oder im Gewässer selbst überwinternde
Individuen. Trotz hermetischer Abschrankung der Laichgewässer ist für eine zuverlässige
Bestimmung der Populationsgröße die Kombination von mehreren Methoden
erforderlich.
* E + E Vorhaben "Entwicklung von Amphibienlebensräumen in der
Zivilisationslandschaft“
Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, Sektion Herpetologie
Adenauerallee 160, 53113 Bonn
e-mail: ulisander@web.de; d.tarkhnishvili.zfmk@uni-bonn.de;
k.weddeling@uni-bonn.de Programm
Nicht jeder
Frosch kann gefangen werden: Wie die Schätzung von Fangwahrscheinlichkeiten die Aussagekraft von
Populationsstudien verbessert
Benedikt R. Schmidt
Wenn wir die zeitliche Variabilität der Größe einer Population oder für Unterschiede
zwischen Populationen untersuchen wollen, dann müssen wir zwei Gründe für
Variabilität unterscheiden: biologische Variabilität und methodisch bedingte
Variabilität. Biologische Variabilität ist von Interesse, methodisch bedingte Variabilität ist nur in
Ausnahmefällen interessant. Die feldherpetologischen Standardmethoden erfassen zwar die biologische Variabilität,
können aber viel methodisch bedingte Variabilität generieren. Dadurch wird die Aussagekraft vieler feldherpetologischer
Studien trotz standardisierter Methoden stark reduziert. Die Problematik lässt sich mit der einfachen Gleichung
Z = Np einfach darstellen.Z ist eine Zählung, N eine wahre Populationsgröße und p eine
Fangwahrscheinlichkeit (die Gleichung gilt für Überlebensraten, Populationsgrößen,
Anzahl Populationen einer Art im Untersuchungsgebiet oder Artenzahlen).Wenn nun zwei Zählungen verglichen werden sollen,
vergleicht man die erste Zählung Z1 mit der zweiten Zählung Z2.
Wenn sich Z1 von Z2 unterscheidet, unterscheiden sich die zwei
Produkte N1p1 und N2p2. Es lässt sich
nicht feststellen, ob sich die Populationsgröße oder die Fangwahrscheinlichkeit geändert hat. Moderne
Fang-Wiederfang-Methoden erlauben, biologische und methodische Variabilität
voneinander zu trennen, indem sie Fang- (oder Beobachtungs-)
wahrscheinlichkeiten schätzen. Nur durch die Schätzung von Fangwahrscheinlichkeiten sind verlässliche Aussagen möglich.
Standardisierung alleine vermag nicht alle Ursachen methodisch bedingter
Variabilität auzuschalten. In meinem Beitrag möchte ich zuerst die Grundprinzipien der
Fang-Wiederfang-Methoden erläutern und erklären, weshalb diese Methoden
benutzt werden sollten. Eine umfassende Darstellung von Fang-Wiederfang-Methoden und -Analysen findet sich im
neuen Buch von WILLIAMS et al. (2002).
Im zweiten Teil des Vortrags sollen dann Beispiele die Unterschiede zwischen normalen "Zähl-" und den
Fang-Wiederfang-Methoden zeigen. Nur wenn Feldherpetologen beginnen, routinemässig Fang-Wiederfang-Methoden im Feld
und bei der Datenanalyse anzuwenden, können wir zu einem besseren Verständnis
der Variabilität der Demographie und der Dynamik von Amphibien- und
Reptilienpopulationen gelangen.
WILLIAMS, B.K., NICHOLS, J. D., CONROY, M. J. (2002): Analysis and management of animal populations.- San Diego, Academic Press.
Benedikt R. Schmidt
Zoologisches Institut der Universität Zürich, Winterthurer Str. 190, CH-8057 Zürich
e-mail: bschmidt@zool.unizh.ch Programm
12 Jahre
Frösche im Drachenfelser Ländchen – Ein Vergleich der Populationsdynamik von Grün- und Braunfröschen
Peter Schmidt & Gregor Bosbach
Das Ziel des 1989 ins Leben gerufene Entwicklungs- und Erprobungsvorhaben
„Entwicklung von Amphibienlebensräumen in der Zivilisationslandschaft“ ist
es, zu prüfen, ob mit der Anlage von künstlichen Kleingewässern stabile
Amphibienpopulationen inmitten einer Zivilisationslandschaft etabliert werden können.
Zu diesem Zweck wurden in einer typischen Agrarlandschaft drei neue Foliengewässer
angelegt. Der durchschnittliche Abstand zwischen diesen und zwei natürlichen
Gewässern liegt zwischen 275 und 1800 Metern. Um die Individuenzahlen jeder Amphibienart zu ermitteln, sind alle Gewässer mit
einem festen Fangzaun umgeben worden. Die beiderseits eingelassenen Eimerfallen werden täglich
kontrolliert und die gefangenen Tiere auf der jeweils anderen Seite
freigelassen. Eine Markierung der Gewässerzugehörigkeit erfolgt durch
Phalangenamputation. Ein großer Teil der Anuren wird ebenfalls auf diese Weise
oder durch den Einsatz von Transpondern individuell markiert. Im Rahmen des
Projektes werden auch die vorhandenen Populationen der einheimischen Raniden
untersucht. 1989 fanden sich im zentral gelegenen Gewässer Laichgemeinschaften
mit jeweils mehr als 200 Springfröschen (Rana dalmatina) bzw. Grasfröschen (Rana
temporaria). Das zweite natürliche Gewässer beherbergte bedeutend weniger
Individuen. Die Grünfrösche (Rana kl. esculentaKomplex) hatten sich noch nicht im Gebiet etabliert. Im
bisherigen Untersuchungszeitraum von 1989 bis 1995 (vgl. SCHÄFER, 1993 und KNEITZ, 1998) sowie ab
2000 zeigt sich das Folgende:
Springfrösche:
1. Die Individuenzahlen entwickeln sich an den natürlichen Gewässer sehr unterschiedlich
- im ersten befindet sich ständig eine große Zahl von Tieren; guter
Reproduktionserfolg
- das zweite ist ohne Bedeutung für die Reproduktion, nur Adulti vorhanden („sink“)
2. zwei der künstlichen Gewässer sind schnell besiedelt worden; allerdings
nur wenige Individuen (< 30); Reproduktionserfolg und Zahl der Adulti schwankt stark
3. das dritte künstliche Gewässer wurde ebenfalls schnell als dauerhaftes
Laichgewässer angenommen; stabile Zahl an Adulti mit hoher Reproduktion
Grasfrösche
1. Zahl der erwachsenen Tiere ist an den natürlichen Gewässern ziemlich
stabil, in beiden Gewässern Reproduktion
2. in den künstlichen Gewässern bleibt die Individuenzahl ständig gering
oder ist nach einer frühen Massenvermehrung (bis zu 600 Tiere) zusammengebrochen
Grünfrösche:
1. in fast allen Gewässern ist eine deutliche Zunahme der Zahl der Adulti zu beobachten, diese setzt jedoch erst sehr spät ein;
Reproduktionserfolg ist starken Schwankungen unterworfen
2. an einem der natürlichen Gewässer nur einzelne Grünfrösche, keine Reproduktion
Die künstlichen Gewässer scheinen für die Grasfrösche keinen positiven Effekt zu
haben. Dagegen sind sie für Springfrösche und Grünfrösche teilweise durchaus bedeutend als
Fortpflanzungsgewässer.
KNEITZ, S. (1998): Untersuchungen zur Populationsdynamik und zum Ausbreitungsverhalten
von Amphibien in der Agrarlandschaft. – Bochum (Laurenti) 237 S.
SCHÄFER, H.-J. (1993): Ausbreitung und Entwicklung von Amphibien- Populationen in der
Agrarlandschaft. - Bonn (Dissertation, Rheinische Friedrich- Wilhelms- Universität) 294 S.
Peter Schmidt, Gregor Bosbach
Zool. Forschungsinstitut und Museum A. Koenig, Sekt. Herpetologie,
Adenauerallee 160, 53113 Bonn
Tel: 0228 / 9122-254, e-mail: peter_e_schmidt@yahoo.de,
gregor72@gmx.de Programm
Erste Resultate
eines Monitorings der Barrenringelnatter (Natrix natrix helvetica) in Graubünden (Schweiz)
Hans Schmocker
Wildbachläufe durchziehen die landwirtschaftlichen Kulturflächen (Viehzucht, Ackerbau, Weinbau) im
Voralpengebiet des Bündner Rheintales im Osten der Schweiz. Die meist nur nach
Regenfällen Wasser führenden Bachläufe werden von Waldstreifen gesäumt.
Solche Gebiete bilden wertvolle Lebensräume für Amphibien und Reptilien. Das
vorliegende Projekt hat zum Ziel, eine Ringelnatterpopulation zu erfassen und
ihre Entwicklung zu verfolgen, um anschliessenden die Konsequenzen für einen
effizienten Schutz solcher Reptilienlebensräume im Bündner Rheintal
abzuleiten.
Beim vorliegenden Monitoring-Projekt wird die Ringelnatterpopulation eines etwa 18 ha grossen
Gebietes seit dem Frühjahr 2000 mittels der Fang-Wiederfang-Methode untersucht.
Auf einem Transekt von 2.5 km sind 100 unbehandelte Blechplatten mit den Maßen
670 x 500 x 1 mm ausgelegt.
In den ersten beiden Jahren konnten bei insgesamt 20 Begehungen
beobachtet werden (Individuen teilweise mehrfach gezählt):
adulte Tiere
|
subadulte Tiere
|
juvenile Tiere
|
Häutungen
|
>50 cm
|
30-50 cm
|
<30 cm
|
|
67
|
14
|
80
|
8
|
Bei 88 % dieser insgesamt 169 Beobachtungen befanden sich die
Ringelnattern unter den ausgelegten Blechplatten. Die Bestandesschätzungen der
Ringelnatterpopulation ergeben nach den ersten beiden Untersuchungsjahren einen
Durchschnittswert von 73 adulten Tieren, was durchschnittlich 4,1 Individuen pro
Hektar entspricht.
Zur Raumnutzung im Untersuchungsgebiet kann erst gesagt werden, dass sich die Ringelnatter stark an
Waldrandstrukturen orientiert, vorzugsweise dort wo diese auch Trockenmauern und
Steinhaufen aufweisen. Besonders gute Bedingungen bieten nach Südost bis Südwest
ins Kulturland hineinragende Waldstreifen und Hecken, wo fast zu jeder Tageszeit
innerhalb kürzester Distanzen Sonnenplätze erreichbar sind.
Hans Schmocker
Tellostrasse 21, CH-7000 Chur / Schweiz
e-mail: hans.schmocker@reptil-gr.ch Programm
Zur Langzeitdynamik, Ökologie und Populationsgenetik syntoper Kreuz- und Wechselkrötenpopulationen
Ulrich Sinsch
Seit 1997 untersucht unsere Arbeitsgruppe im Neuwieder Becken (Mittelrheintal) Lokalpopulationen von Kreuz-
und Wechselkröten, die sich teilweise im selben Gewässer fortpflanzen und
syntop den Landlebensraum nutzen. Die Untersuchungen umfassen die Erfassung der
Phänologie ebenso wie ökophysiologische, populationsdynamische und populationsgenetische
Fragestellungen. Die Reproduktionsperiode erstreckte sich über einen Zeitraum
von Mitte März bis Anfang August (1997-2001) und weist einen Schwerpunkt im
April auf (Frühlingskohorte) und einen weiteren mit deutlich weniger Laichschnüren
Ende Juni/Juli (Sommerkohorte). Die Fekundität (= Anzahl abgelegter Eier)
beider Arten variierte von Jahr zu Jahr und war bei der Wechselkröte nur
geringfügig höher als bei der Kreuzkröte. Die Größe der Metamorphlinge hing
bei der Wechselkröte stark von der Larvaldichte und der Konkurrenz syntoper
Kreukrötenkaulquappen ab. Für die Populationsdynamik entscheidend war die
Mortalität während der ersten Überwinterung, die bei Wechselkröten erheblich
höher war als bei Kreuzkröten. Die Analyse der Mortalitätsfaktoren zeigte,
dass die Hauptursache nicht die Temperatur, sondern Prädation war. Die
Lebenserwartung beider Arten war relativ gering mit maximal 6 Jahren, wobei die
meisten Adulten nur etwa 3 Überwinterungslinien aufwiesen (Skelettochronologie).
Allozymuntersuchungen an Kreuzkröten machten deutlich, dass über Entfernungen von 3-4km ein so massiver Genfluss
herrscht, dass die Lokalpopulationen keine signifikanten Unterschied im Genpool
entwickeln konnten. Selbst eine Eisenbahnlinie und eine vielbefahrene
Bundesstraße unterbanden den Genfluss nicht, da
Unterführungen für landwirtschaftliche Fahrzeuge offenbar auch Migrationen von
Kröten unterstützen. Die genetischen Unterschiede zwischen Frühlings- und
Sommerkohorte waren größer als zwischen geographisch entfernten
Lokalpopulationen.
Prof. Dr. Ulrich Sinsch
Institut für Biologie, Universität Koblenz-Landau
Postfach 20 16 02, 56016 Koblenz
e-mail: sinsch@uni-koblenz.de Programm
Was heißt Langzeit bei Langlebigkeit? - Erste Ergebnisse demographischer Studien an den
Restpopulationen Europäischer Sumpfschildkröten (Emys orbicularis) in Brandenburg
N. Schneeweiß
Erkenntnisse zur Populationsstruktur und -dynamik langlebiger Tierarten setzen ein langfristiges, oft über Jahrzehnte
angelegtes Monitoring voraus. Für die Europäische Sumpfschildkröte E. orbicularis wird von verschiedenen Autoren
ein Höchstalter von mehr als 70 Jahren, von einigen sogar von mehr als 120 Jahren angegeben.
In Brandenburg wurde 1994 mit Freilanduntersuchungen an Restpopulationen von
E. orbicularis begonnen. Die individuelle Erfassung erfolgte mittels Fotografie und Kerbung der
Carapax-Marginalschilder. Folgende Methoden kamen zum Einsatz, um das Alter der
Tiere (n=111) zu bestimmen bzw. zu schätzen: Bei juvenilen und
subadulten Tieren wurden die Ruhe- bzw. Jahresringe der Plastronschilder gezählt.
Zum Vergleich wurde bei einer Serie (n=6) von Sammlungsexemplaren das Alter
skelettochronologisch anhand von Humerus-Schnittpräparaten bestimmt. Bei älteren
Individuen war nur noch eine grobe Einstufung in Altersklassen nach
verschiedenen makroskopischen Merkmalen möglich. Eine Vergleichsbasis zur empirischen Bewertung
der Altersmerkmale lieferten Merkmalsveränderungen bei zwei Tieren, die wiederholt im Abstand von 25 Jahren gefangen wurden
(Erstfang durch H.-J. PAEPKE und H. SZRAMEK).
In einer zusammenfassenden Bewertung der insgesamt 49 adulten Individuen, die für den
Zeitraum von 1980 bis 1999 verschiedenen Altersgruppen zugeordnet werden
konnten, zeigte sich - abgesehen von einem Mangel an Jungtiernachweisen - eine
relativ ausgewogene Verteilung der Nachweise über sämtliche Altersgruppen.
Auffällig hierbei ist, daß signifikant mehr Weibchen als Männchen in den
oberen Altersgruppen zu finden waren. So wurden 24 Weibchen Altersklassen über
28 Jahre und 6 Weibchen Altersklassen unter 30 Jahre zugeordnet. Im Gegensatz
dazu: 5 Männchen in Altersklassen über 28 Jahre und 14 Männchen in
Altersklassen unter 30 Jahre.
In vier Restpopulationen gab es im Bestand von insgesamt 31 adulten Tieren während der
3 - 8jährigen Untersuchungszeiträume keine Verluste.
Norbert Schneeweiß
Naturschutzstation Rhinluch, Nauener Str. 68, D-16833 Linum
e-mail: agena@t-online.de Programm
Populationsdynamik und Raumnutzung von Kammolchpopulationen benachbarter Laichgewässer
Matthias Stoefer
An vier Kleingewässern in der Börnicker Feldmark (Barnim, Brandenburg)
wurde bis zu sieben Jahre lang (1994 bis 2000) mit Hilfe von Folienfangzäunen
die Populationsdynamik von Kammolchen (Triturus cristatus) untersucht. Durch Fotografie der Bauchseite wurden seit 1995 über
6.500 Kammolche individuell erfasst.
Nach einem extrem harten Winter 1995/96 wurde ein rapider Bestandsrückgang
an allen Gewässern registriert. Dabei war die Höhe des Rückgangs abhängig
von der Entfernung der Laichgewässer zu geschützten Winterquartieren.
Im Jahr 1996 konnte ein hoher Reproduktionserfolg nachgewiesen werden. In
den folgenden zwei Jahren war an allen Gewässern eine schrittweise Zunahme der
Altersklassen Subadulti und Adulti zu verfolgen. Ab 1998 entwickelten sich die
Subpopulationen der einzelnen Gewässer unterschiedlich. Während eine
Subpopulation wieder deutlich kleiner wurde, vergrößerten sich die anderen z.T. sehr stark.
Der Reproduktionserfolg in den einzelnen Jahren war offensichtlich nicht
von der Anzahl der in die Gewässer eingewanderten Weibchen abhängig. Vielmehr
lassen das jeweilige starke Ansteigen des Reproduktionserfolges nach
Durchfrieren bzw. Austrocknen der Gewässer darauf schließen, dass vor allem
eine Verringerung der interspezifischen Prädation auf Kammolch-Laich und Larven ursächlich zu sein scheint.
Die Wanderungen von den Winterquartieren zu den Laichgewässern erfolgte in deutlich bevorzugten
Bereichen des Untersuchungsgebietes. Über Jahre wurden an bestimmten
Uferabschnitten der Laichgewässer auffallend mehr anwandernde Kammolche
gefangen als an anderen Uferregionen.
Kammolche zeigten sich im Untersuchungsgebiet im wesentlichen
laichplatztreu. Nur ein geringer Prozentsatz der Wiederfänge erfolgten in
anderen Gewässern. Laichgewässerwechsel erfolgte vor allem zwischen dicht
benachbarten Gewässern. Vereinzelt wechselten Kammolche aber auch in weiter
entfernte Gewässer. Einzelne Tiere suchten mehrere Gewässer auf.
Matthias Stoefer
Heinestr. 94, D-16341 Zepernick Programm
Langzeitbeobachtungen bei Reptilien und Amphibien. Was wissen wir über Ursachen und Bedeutung von Bestandsschwankungen?
Henk Strijbosch
Thema des Vortrags sind Bestandsschwankungen bei
zwei Eidechsenarten (Lacerta agilis und L. vivipara) sowie bei
zehn Amphibienarten (Rana arvalis, R. esculenta-Gruppe, R. temporaria,
Bufo bufo, B. calamita, Pelobates fuscus, Triturus alpestris, T. cristatus, T.
helveticus undT. vulgaris). Die Daten stammen aus drei verschiedenen
Langzeitstudien, die an zwei
unterschiedlichen Stellen in der Binnendünenlandschaft am rechten Maasufer im
südöstlichen Teil der Niederlande, durchgeführt wurden. Die
Amphibienpopulationen wurden in einem dieser Gebiete während einer Periode von
16-21 aufeinanderfolgenden Jahre beobachtet. In einer anderen Untersuchung
wurden in einem Gebiet Populationen von Zauneidechsen wie auch von Waldeidechsen
beobachtet, während gleichzeitig in einem zweiten Gebiet sechs Jahre lang eine
reine Waldeidechsenpopulation verfolgt wurde. Im letzteren Gebiet wurden in
einer späteren Untersuchung alle vorhandenen Waldeidechsen 9 Jahre lang beobachtet.
Aus der Amphibienstudie wird deutlich, dass die Zahlen aller untersuchten Arten sehr
starke Schwankungen aufweisen können. Für viele dieser Fluktuationen, die
bisweilen mehrere Hundert Prozent betragen, sind möglicherweise Veränderungen
in der Umwelt verantwortlich. Für einige exzessive Bestandsschwankungen sind
die Ursachen jedoch bisher unklar.
In der ersten Eidechsenstudie zeigen sich die Populationen im ersten Gebiet relativ
stabil, wenn bei den zwei verschiedenen Arten auch deutliche Unterschiede in der
Reaktion auf die gleichen Umweltvariablen zu verzeichnen sind. Im andern Gebiet,
wo die Untersuchungen auf die gleiche Art und Weise und in der gleichen Periode
abliefen, starb die Waldeidechsenpopulation aus. Die Ursache dieses lokalen
Aussterbens ist bisher ungeklärt.
Aus der letzten Eidechsenstudie geht hervor, dass auch die Zahlen von L. vivipara
in 33 räumlich getrennten Teilpopulationen innerhalb einer großen
Metapopulation sehr stark variieren. Viele dieser Zahlschwankungen sind erklärbar
aufgrund von Vegetationssukzession oder von anderen Veränderungen in der
Umwelt, die auf natürliche Ursachen, oder auch auf menschliches Eingreifen zurückzuführen
sind. Auch hier aber treten bisher unerklärbare zahlenmäßige Veränderungen
an den Tag.
Weil namentlich im letzteren Gebiet aktive Naturpflege stattfindet, ist es möglich,
hier auch den Einfluss bestimmter naturpflegerischer Maßnahmen zu prüfen.
Prof. Dr. Henk Strijbosch
Abt. Tierökologie, Universität Nijmegen
P.O.Box 9010, NL-6500 Nijmegen Programm
Vielfalt der Strategien und Habitate. Langzeitstudien zur Raum-Zeit-Struktur einer
Gelbbauchunkenpopulation im nordwestlichen Thüringen
Thoralf Sy
An einer individuenstarken Population der Gelbbauchunke (Bombina variegata) wurden zwischen 1987 und 1991 von früheren
Bearbeitern sowie zwischen 1996 und 1998 durch den Verfasser umfangreiche
Fang-Wiederfang-Studien auf der Basis fotografischer Individualerkennung
vorgenommen. Das Vorkommen liegt an der nordöstlichen Verbreitungsgrenze der
Art im Unstrut-Hainich-Kreis (NW-Thüringen) auf einem ehemaligen Militärgelände
mit überwiegendem Offenlandcharakter.
Im Zuge der 1998 vorgenommen Datenaufbereitung kamen weit mehr als 5000 Registrierungen
von mehr als 1000 Individuen zur Auswertung. Aus dem Erfassungszeitraum 1988-91
wiedergefangene Tiere wiesen in den Jahren 1996-98 ein Mindestalter von sechs
bis zwölf Jahren auf und hatten 1996 einen Mindestanteil von 39 % und 1997 von
36 % an den registrierten Individuen. Gleichzeitig nahm die Populationsgröße
von 1990 bis 1996 um etwa 50 % ab, wofür in erster Linie die Nutzungsaufgabe
und der Verlust temporärer Kleingewässer durch natürliche Sukzessionsprozesse
verantwortlich gemacht wird.
Zahlreiche und langjährige Wiederfänge konnten zur Ableitung räumlicher
und zeitlicher Strukturen innerhalb der Gesamtpopulation herangezogen werden.
Die „Lebensgeschichte“ vieler Einzelindividuen lä sst sich über einen
Zeitraum von bis zu zehn Jahren zurückverfolgen. Rund 91 % der langjährigen
Wiederfänge gelangen in einem Umkreis von 100 m um den Ort der erstmaligen
Registrierung. Für Abwanderer aus pessimalen oder verschwundenen Habitaten
wurden überdurchschnittliche Migrationsdistanzen von bis zu 400 m ermittelt.
Eine besondere strukturelle Vielfalt erlangt die Population mit dem Dargebot unterschiedlicher
Fortpflanzungshabitate. Diese reichen von rein anthropogen entstandenen
Fahrspurrinnen über natürliche Hangdruckwasserstellen bis zu zeitweilig
durchflossenen Bachtälern des Nordthüringer Muschelkalks. An den
unterschiedlichen Lebensräumen waren aufgrund eines hohen Aggregationsgrades
der Individuen mehrere Teilpopulationen mehr oder weniger gut abgrenzbar. Diese
zeigten zum Teil deutlich abweichende Verhaltensmuster der Fortpflanzung sowie
Unterschiede in ihrem Reproduktionserfolg und ihrer Biometrie. Die einzelnen
Teillebensräume unterliegen gegenwärtig aufgrund der Nutzungsauflassung des
Gebietes einem akuten Gefährdungsgrad und könnten ihre Lebensraumfunktion in
den nächsten Jahren einbüßen. Aus der Struktur der Gesamtpopulation und aus
der räumlich und zeitlich differenzierten Nutzung unterschiedlicher
Fortpflanzungsgewässer können differenzierte Schutzziele sowie geeignete Maßnahmen
und Nutzungsvorschläge für deren Umsetzung abgeleitet werden.
Thoralf Sy
Jacobstraße 5, D-06110 Halle Programm
Osnabrücker Amphibienkataster - Instrument städtischer Landschaftsplanung
Karl-Robert Wolf & Christiane Balks
In den Jahren 1995 -1999 erstellte die Stadt Osnabrück in Zusammenarbeit
mit der „Planungsgruppe Ökologie“ ein Amphibienbienkataster. 572 Gewässer
wurden detailliert beschrieben und amphibienökologisch bewertet, Amphibien
qualitativ, die Populationsgrößen halbquantitativ bestimmt. Beurteilt wurde
das Vernetzungs- und Raumnutzungspotential im Umkreis von jeweils 1000 m. Alle
potentiell bedeutenden Landlebensräume wurden kartiert. Durch das dreimalige
Begehen von Strassen- und Wegeabschnitten zur Zeit massiver Migrationen im Frühjahr
war es möglich Aussagen zur räumlichen Einbindung in den Jahreslebensraum zu
formulieren. Es wurde zwischen tatsächlich und potentiell bedeutenden
Wandertrassen unterschieden. Die Ergebnisse wurden durch Listen, Tabellen und
besonders durch anschauliche Karten (Illustrator) dokumentiert. Die Ergebnisse
wurden ferner in das GIS (Arc Info) der Stadt Osnabrück eingearbeitet.
Krötenzäune in Osnabrück - eine Bilanz der Jahre 1989-2000
Karl-Robert Wolf & Christiane Balks
Seit 1981 werden in Osnabrück zur Zeit der Frühjahrsmigrationen Krötenzäune
aufgestellt. Seit 1989 erfolgt der Aufbau und die Betreuung nach immer gleicher
Methode. Die Zäune standen immer vor den ersten Amphibienbewegungen. Die Daten
(Art, Geschlecht, in sechs Jahren auch Größe und Gewicht) der gefangenen
Amphibien wurden von fachkompetenten Personen erhoben. Neben der Abundanz- wurde
die Entwicklung der Häufigkeitsverteilungen analysiert. In vielen Fällen
konnten Veränderungen der Abundanz und Häufigkeitsverteilung unmittelbar auf Veränderungen der Landschaft (Gewässer-,
Landlebensraum) zurückgeführt werden. Die Bilanzierung führte zu einer
sofortigen Effektivierung der Schutzmaßnahmen. Sie trug auch zu einer Klärung
der Art zukünftig anzustrebender Tier- und Artenschutzmaßnahmen bei.
Dr. Karl - Robert Wolf
Planungsgruppe Ökologie, Östringer Weg 1, D-49090 Osnabrück
e-mail: PlanOeko@aol.com Programm
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