Amphibien- und Reptilienschutz National - international
Tagung in der Artenschutzschule Metelen
Mittwoch 11. bis Donnerstag 12. Februar 2004 in Metelen
Leitung: Dr. Dieter Glandt
Vom 11. bis 12. Februar 2004 fand die die Tagung stand unter dem Thema "Amphibien- und Reptilienschutz National - international" im Biologischen Institut Metelen statt. Mit insgesamt 70 Teilnehmern aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Dänemark war die Tagung gut besucht.
Am ersten Tag der Tagung standen Konzepte des Amphibien- und Reptilienschutzes sowie Fallstudien
zum Amphibienschutz im Vordergrund. Der Abend klang mit einem Vortrag zum Thema
„Amphibien- und Reptilienschutz auf Großbaustellen“ von Martin Kyek aus. Am zweiten Tagungstag wurden Vorträge zu Fallstudien zum Amphibien- und Reptilienschutz sowie zum Themenkomplex "Reptilienschutz, nachhaltige Nutzung, Erhaltungszucht" präsentiert.
Ein geselliges Beisammensein am Dienstagabend rundete die
sehr gut organisierte Tagung ab und gab ausreichend Gelegenheit für intensive
Fachgespräche.
Mittwoch 11.02.2004
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Konzepte des Amphibien- und Reptilienschutzes
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9.45
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Benedikt Schmidt:
Amphibian decline - Begriff und Phänomen Zusammenfassung
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10.25
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Richard Podloucky: Zur Bedeutung der Amphibien und Reptilien bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie
Zusammenfassung
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11.30
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Joachim Kuhn: Sinn und Unsinn des Metapopulationskonzeptes im
AmphibienschutzZusammenfassung
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12.10
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Ulrich Joger: Die Bedeutung der modernen Systematik für den Amphibien- und Reptilienschutz
Zusammenfassung
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12.50
| Sebastian Steinfartz: Genetische Differenzierung ohne räumliche Trennung - was lässt sich vom Modell des
Feuersalamanders für den Artenschutz ableiten?Zusammenfassung
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Fallstudien zum Amphibienschutz
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14.30
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Markus Monzel: Inwertsetzung der regionaltypischen
Amphibienfauna für die Ausweisung von FFH-Gebieten, am Beispiel eines ehemaligen
Truppenübungsplatzes im Raum Trier Zusammenfassung
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15.10
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Dieter Glandt: Langzeitprojekt zum Schutz des
Moorfrosches (Rana arvalis) des Biologischen Instituts Metelen - Konzeption,
praktische Maßnahmen, ResultateZusammenfassung
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16.10
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Heidrun Beckmann & Norbert Schneeweiß: Schutzprojekt Rotbauchunke
in einer Agrarlandschaft: Ergebnisse und Schlussfolgerungen nach 7 JahrenZusammenfassung
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16.50
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Monika Hachtel & Martin Schlüpmann: Am Rande eines Areals: Situation
und Schutzmaßnahmen für die Gelbbauchunke (Bombina variegata) in Nordrhein-Westfalen
Zusammenfassung
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Abendvortrag:
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20.00
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Martin Kyek: Amphibien- und Reptilienschutz
auf Großbaustellen - an Hand zweier BeispieleZusammenfassung
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Posterpräsentationen:
Wolf-Rüdiger Grosse & Susanne Meyer: Schutz des Kammmolches in Sachsen-Anhalt
Zusammenfassung
Daniel Käsewieter & Wolfgang Völkl: Raumnutzung der Schlingnatter im Lechtal
Zusammenfassung
Sylvia Hofmann, Klaus Henle & Wolf-Rüdiger Grosse: Effect of Landscape
Fragmentation on the Genetic Diversity in the Common Lizard (Zootoca vivipara)
Zusammenfassung
Jürgen Thein & Julia Gombert: Populationsgrößenschätzungen
bei Gelbbauchunken (Bombina variegata) in Keuper-Sandsteinbrüchen im Landkreis
Hassberge/Bayern Zusammenfassung
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Donnerstag 12.02.2004
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Fallstudien zum Amphibienschutz (Fortsetzung)
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9.00
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Christoph Herden & Hauke Drews: Die Rotbauchunke
am nordwestlichen Arealrand - ein "Kampf ums Überleben"Zusammenfassung
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9.40
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Marion Schumann: Langzeitmonitoring von Amphibienbeständen
als Grundlage für Schutzmaßnahmen, am Beispiel von 5 Gemeinden im Kreise Plön,
Schleswig-Holstein Zusammenfassung
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Fallstudien zum Reptilienschutz
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10.20
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Gunther Köhler: Das "Schutzprojekt
Utila-Leguan, Honduras": Zielsetzung und aktueller Stand Zusammenfassung
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11.20
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Wolfgang Völkl, Daniel Käsewieter, Niels Baumann,
Dirk Alfermann & Wolfgang Güthler: Das E+E-Vorhaben "Biotopverbund für
gefährdete Reptilienarten im Lechtal" : Ergebnisse der Voruntersuchungen und
Möglichkeiten der praktischen Umsetzung Zusammenfassung
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12.00
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Karin Ricono: Der Beitrag einer Kommune
zum Reptilienschutz, am Beispiel der Stadt WuppertalZusammenfassung
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Reptilienschutz, nachhaltige Nutzung, Erhaltungszucht
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13.50
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Jens Poschadel: Untersuchungen zur Populationsstruktur
der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) mit Rückschlüssen für den Artenschutz
Zusammenfassung
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14.30
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Norbert Schneeweiß: Stabilisierung von Reliktpopulationen -
Strategien im Schutzprojekt Europäische Sumpfschildkröte (NO-Deutschland)
Zusammenfassung
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15.10
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Thomas Mutz: Einsatzmöglichkeiten künstlicher Versteckplätze
bei Reptilienschutzprojekten Zusammenfassung
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16.10
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Marc Auliya: Zur Problematik einer nachhaltigen
Nutzung von tropischen Ressourcen: Fallbeispiel Riesenschlangen und Warane Indonesiens
Zusammenfassung
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16.50
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Dietrich Jelden: Schutz und nachhaltige Nutzung
von KrokodilenZusammenfassung
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17.30
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Jörg Adler, Martina Raffel &
Elmar Meier: Das Prinzip Hoffnung - Schildkrötenschutz und einiges
mehr im Allwetterzoo MünsterZusammenfassung
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Zusammenfassungen
H. Jörg Adler, Martina Raffel & Elmar Meier
In Zeiten beschleunigter Zerstörung natürlicher Lebensräume und eines ungebremsten
Artenschwundes wirken viele Aktivitäten einzelner Menschen oder Organisationen zum
Erhalt der Biodiversität wie der Tropfen auf den besagten heißen Stein. Andererseits
ist es eine physikalische Binsenweisheit, dass viele Tropfen einen Wasserstrahl bilden,
der Steine abkühlen oder Brände löschen kann. Als einer dieser vielen Tropfen sind die
Bemühungen des Allwetterzoos in Münster zu sehen, an verschiedenen "BRENN"-Punkten
beim Löschen zu helfen. Das jüngste Projekt ist das "Internationale Zentrum für
Schildkrötenschutz" (IZS), das im Münsterschen Zoo im September 2003 in Betrieb genommen
wurde. Mit dem Schildkrötenbestand des international renommierten Züchters Elmar Meier
wird versucht, die bisherigen Zuchterfolge unter seiner weiteren Betreuung auszubauen und
damit den Bestand einiger hochbedrohter Arten, wie z.B. der Goldkopfschildkröte (Cuora
aurocapitata) ex situ so zu stabilisieren, dass eine spätere Auswilderung die in-situ-Populationen
substituieren kann. Während für die Goldkopfschildkröte und andere Schildkrötenarten eine
Chance der erfolgreichen Verknüpfung von ex-situ- und in-situ-Maßnahmen besteht, sind die
Bemühungen z. B. für die Rettung der Goldkopflanguren (Trachypithecus poliocephalus)
ausschließlich auf den Schutz des Lebensraumes gerichtet. Auch dabei ist die "Biocity"
im Allwetterzoo, zu der auch das IZS gehört, mit dem angegliederten "Artenschutzzentrum"
ein lokaler Hoffnungsträger in einem globalen Netzwerk. Die Bündelung aller Artenschutzaktivitäten
über territoriale und mentale Grenzen hinaus geben der Artenvielfalt eine bessere Chance
zum Überleben. Deshalb versuchen wir in Münster unter Wahrung einer notwendigen Eigenständigkeit,
Netzwerke wie die "Biocity" oder die "Stiftung Artenschutz" zu schaffen, um ganz im Sinne der
Welt-Zoo-Naturschutzstrategie die Schutzbemühungen außerhalb der Lebensräume mit denen in
den jeweiligen Verbreitungsgebieten zu verknüpfen.
H. Jörg Adler, Dr. Martina Raffel
Allwetterzoo Münster
Sentruper Straße 315
D-48161 Münster
Tel.: 0251/ 8904-29, Fax: 0251/ 8904-90
e-mail: kraffel@allwetterzoo.de
Elmar Meier
Wybbert 12
D-48301 Nottuln
Programm
Mark Auliya
Die enormen jährlichen Exportzahlen von Python- und Varanus-Häuten aus Indonesien machen dieses
weltweit größte Archipel (17.000 Inseln) zum Hauptlieferanten dieser Artengruppen. Betroffen sind
insbesondere der Bindenwaran (Varanus salvator), der Netzpython (Python reticulatus) und der
Buntpython (Python curtus). Exportquoten von V. salvator (Stand 31.01.2003) betrugen
444.000 Häute und 6.000 lebende Exemplare, für Python reticulatus 157.000 Häute und 5.000
lebende Tiere und für P. curtus 41.000 Häute und 4.000 lebende Individuen (www.cites.org).
Die oben aufgeführte Taxonomie orientiert sich nach CITES, interessanterweise aber hat sich erst
jüngst der taxonomische Status der zwei Riesenschlangen geändert und weitere Änderungen stehen bevor,
auch von V. salvator. Demzufolge basierte der bisher etablierte kommerzielle Handel auf eher
komplizierte Arten-Komplexe, und Speziationsprozesse, hauptsächlich von V. salvator und
P. reticulatus, sind noch ungeklärt. Mit dieser Kenntnis wird deutlich welche Problematik der
kommerzielle Handel u.a. darstellt, insbesondere in einem Land, das für seine Megadiversität bekannt ist.
Das sehr bevölkerungsreiche Indonesien (ca. 213 Mio. Einwohner), das in vielen Teilen seiner Ausdehnung
von Armut geprägt ist, bedient sich natürlicherweise jeder verfügbaren zu nutzender natürlichen Ressource.
Schlangen - und Waranleder ist ein lukrativer Haupt- oder Nebenerwerb in einem sehr dynamisch komplexen
Händlernetz vor allem auf den großen Sunda-Inseln Sumatra und Borneo (hier nur Kalimantan). Exportzahlen
anderer Regionen (Sulawesi, kleine Sunda-Inseln und den Molukken) sind eher gering. Erstaunlicherweise
sind die oben genannten Exportzahlen alles Wildentnahmen für die es lediglich zwei Vorgaben gibt (1)
eine jährliche willkürlich festgelegte Quote, die sich im wesentlichen anhand der Vorjahresquoten orientiert
und (2) eine Mindestlänge der Pythoniden (P. reticulatus > 200 cm, P. curtus > 110 cm) und
einen Mindestumfang der Körpermitte bei V. salvator (> 25 cm). Beide Vorgaben sind unrealistisch,
auch bei Umsetzung dieser ist diese Form der Nutzung alles andere als nachhaltig. Beispielsweise hatte
eine Abdeckerei in Sumatra schon in der Jahresmitte die festgeschriebene Quote für Python curtus erreicht -
wird nun der Zwischenhändler nachträgliche Eingänge lokaler Fänger abweisen? Gleichfalls hatten Individuen
aller Taxa oftmals die vorgeschriebenen Maße nicht (auch während meiner Anwesendheit!). Diese Tatsache
kann sich besonders dann populationsdezimierend auswirken, wenn die Reptilien schon vor Erreichen der
Geschlechtsreife unters Messer kommen. Dieser Umstand beweist, das viele nicht Eingeweihte die
Abdeckereien mit einem gefangenen Waran oder Python anlaufen, oder der jeweilige Zwischenhändler sich
grundsätzlich nicht an die Vorschriften hält. Trotzdem fragt man sich, wie ist es möglich, dass diese
hohen Quoten seit mehr als 10 Jahren realisierbar sind - Anfang der 90er exportierte Indonesien sogar
700.000 V. salvator und 200.000 P. reticulatus! Populationsbiologische und -ökologische
Studien ergaben, dass alle drei Taxa teils mehr teils weniger dem Status "Kulturfolger" gerecht werden,
v.a. bedingt durch das vielseitige Beutespektrum. Ganz besonders ist das hohe Nagervorkommen in weit
ausgedehnten Kulturlandschaften (Ölpalmen in Nord-Sumatra sowie Kautschuk- und Reisplantagen in West
Kalimantan) ausschlaggebend für die relativ hohen Dichten von P. curtus. Anpassungsmechanismen
an anthropogen beeinflusste Habitate sind auch bei den anderen beiden Arten ausgeprägt, jedoch mit dem
Unterschied, dass verschiedene Alterklassen auch verschiedene Makro- und Mikrohabitate nutzen.
Die Quoten verschleiern, dass sich die Fanggebiete für alle drei Taxa jährlich vergrößern, weil vor allem
P. reticulatus in angestammten natürlichen Habitaten, die regelmäßig bejagt werden, selten
geworden ist, aber auch, weil sich die Händlerstruktur kontinuierlich teils über die Provinzen hinaus
ausbreitet.
Die Komplexität des Händlernetzes innerhalb der Inseln und zwischen Inseln und Anrainerländern erschwert
ein sogenanntes "monitoring" in diesen Regionen um ein Vielfaches. Zudem handelt es sich um eine
kommerzialisierte Ressource mit einer markant hierarchischen Händlerstruktur. Eine nachhaltige Nutzung
würde deshalb auch eine völlige Umstrukturierung des Händlernetzes implizieren, d. h. eine dem
kommerziellen Handel entgegengesetzte Struktur, die eine gerechtere bzw. ausgeglichenere Verteilung der
Gehälter beinhaltet. Fakt ist, jede Ressource reagiert unterschiedlich auf seine Nutzung durch den
Menschen, d.h. eine nachhaltige Nutzung kann nur ressourcenspezifisch definiert werden - wenn überhaupt.
Dr. Mark Auliya
Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig
Sektion: Herpetologie
Adenauerallee 160
D-53113 Bonn
Tel./Fax: 0228-549022
e-mail: m.auliya.zfmk@uni-bonn.de
Programm
Heidrun Beckmann & Norbert Schneeweiß
In einer intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft nordöstlich von Berlin wurden von 1993 bis 2000 im
Rahmen eines Schutzprojektes Langzeituntersuchungen an Amphibien durchgeführt. 1992 wurden 24 ha
Gewässerrandstreifen angelegt und bis heute extensiv bewirtschaftet. Darüber hinaus wurden 1993 und 1994
verschiedene degradierte bzw. verlandete Gewässer saniert. An 5 Kleingewässern und zwei Winterquartieren
wurden mit Hilfe von Fangzäunen innerhalb von 8 Jahren insgesamt ca. 375.000 Amphibien (9 Spezies)
registriert. Die Rotbauchunken- und Kammmolchpopulationen (Bombina bombina und Triturus cristatus)
wurden individuell registriert. Die Anzahl der jährlich erfassten adulten Rotbauchunken schwankte zwischen
230-680. Das Geschlechterverhältnis betrug 1:1,05 (m:w). In Nordostdeutschland gehört diese Population
damit bereits zu den größeren. Für die Wanderungen zwischen Sommer- und Winterlebensraum konnten
Entfernungen von bis zu 1,2 km nachgewiesen werden.
Resümierend unterlag die Dynamik der untersuchten Amphibienpopulationen sehr stark klimatischen Einflüssen.
So erlitten insbesondere die Molche im Extremwinter 1995/96 hohe Verluste.
Zusammenfassend ist einzuschätzen, dass sich die Schutzmaßnahmen im Untersuchungszeitraum insbesondere
auf die Knoblauchkröten- (Pelobates fuscus) und Moorfroschpopulationen (Rana arvalis)
positiv ausgewirkt haben. Die Zahlen der anwandernden Adulti stiegen bei beiden Arten auf mehr als das
Doppelte. Dagegen zeichneten sich für die Molch- (T. cristatus und T. vulgaris), und die
Rotbauchunkenpopulationen keine deutlichen Bestandszunahmen ab. Dies trifft auch für einige weitere,
individuenarme Amphibienpopulationen des Gebietes zu (Bufo bufo, B. calamita, B. viridis
und R. temporaria).
Dipl.-Biol. Heidrun Beckmann und Dr. Norbert Schneeweiß
Naturschutzstation Rhinluch
Nauener Str. 68
D-16833 Linum
e-mail: beckmann@herpetopia.de
e-mail: schneeweiss@herpetopia.de
Programm
Dieter Glandt
Der in Nordrhein-Westfalen auf der Roten Liste stehende Moorfrosch, Rana arvalis NILSSON 1842,
(Kategorie "Vom Aussterben bedroht") kommt in Teilen des Münsterlandes noch in größeren Populationen vor,
vor allem im westlichen und nördlichen Bereich (Naturraum Westmünsterland). Viele dieser Populationen
haben jedoch Reliktcharakter und sind von den benachbarten Beständen räumlich bereits isoliert. Neben der
Sicherung, z. T. gekoppelt mit Vergrößerung der Restbestände kommt es deshalb darauf an, die Populationen
der in unserem Raum als stenök einzustufenden Art wieder miteinander zu vernetzen.
Das Biologische Institut Metelen widmet sich seit 1983/84 neben anderem auch dem Erhalt des Moorfrosches
im nordwestlichen Teil Westfalens bzw. des Münsterlandes. Neben der Kartierung der Vorkommen und ihrer
Bestandserfassung sowie habitatökologischen Untersuchungen (Hydrochemie, Struktur der Landbiotope) an
einer Reihe Vorkommen wurden Schwerpunktstudien vor allem im "Naturschutzgebiet Fürstenkuhle" (Kreis
Borken) durchgeführt. Dieses Gebiet gehört mit nicht weniger als 8 Amphibien- und 3 Reptilienarten zu
den herpetologisch bedeutsamsten Schutzgebieten Westfalens.
Aufgrund erster Untersuchungen und dringender Empfehlungen des Biologischen Instituts Mitte der 1980er
Jahre wurde das 1942 begründete, 1965 erweiterte Naturschutzgebiet im November 1988 erneut erweitert und
zwar von 27 auf 88 ha. Vor allem in den Erweiterungsflächen wurden eine Reihe Biotopentwicklungs- und
-pflegemaßnahmen durchgeführt, insbesondere mehrere neue Gewässer aufgestaut oder durch Ausschieben
angelegt. Außerdem wurden die ursprünglich intensiv landwirtschaftlich genutzten Erweiterungsflächen
spürbar extensiviert, z.B. durch Umwandlung von Acker- in mäßig genutzte Grünlandflächen. Diese Maßnahmen
führten zu einer Ausbreitung und Stärkung mehrerer Amphibienarten des Gebietes, vor allem auch des
Moorfrosches. Der Gesamtbestand dieser Art lag bei Projektbeginn (1983) im NSG bei ca. 500, 1989 bereits
bei ca. 2.500 Adulti. Nach einer von 1997 bis 2000 durchgeführten Effizienzkontolle dürfte der Bestand zur
Jahrhundertwende bei über 3.000 Adulti gelegen haben.
Die optimalen Laichgewässer von Rana arvalis im NSG Fürstenkuhle weisen mittlere pH-Werte zwischen 5 und
6 sowie ausgedehnte sonnenexponierte Flachwasserzonen mit teilweise submerser Vegetation auf, z.B.
Flutender Schwaden, Glyceria fluitans, aber auch Torfmoose, Sphagnum spec. Die
Leitfähigkeiten dieser zwischen 3.000 und 15.000 m2 großen Gewässer sind sehr gering und liegen im Mittel
zwischen 20 und 120 mS/cm [25 °C]. Diese sauren Gewässer sind kalk-, nitrat- und phosphatarm, aber z.T.
ammoniumreich, weisen somit limnologisch gesehen Eigenschaften von Hochmoorweihern auf.
Die Untersuchungen haben auch ergeben, dass die stenöke Art Moorfrosch offensichtlich nicht zu den
Pionierbesiedlern gehört, die schon nach 1-2 Jahren neue Gewässer besiedeln (wie z. B. der Laubfrosch),
sondern erst mit deutlicher Zeitverzögerung, so dass eher Zeiträume von 5 Jahren und mehr angesetzt werden
sollten. Moorfroschschutz verlangt vom Naturschutz etwas mehr Geduld als bei manch anderer Amphibienart,
ist aber durchaus erfolgreich möglich. Das große Problem der Populationsvernetzung ist mit den geschilderten
Maßnahmen aber noch nicht gelöst. Die nächste bekannte größere Moorfrosch-Population liegt ca. 5 Kilometer
entfernt. Nach unseren Untersuchungen wandern Moorfrösche im Rahmen ihrer saisonalen Migrationen maximal
etwa 1,2 bis 1,5 km weit. Nur durch Extensivierung der dazwischenliegenden Gebiete und ggf. der Schaffung
von "Trittsteinbiotopen" werden diese Populationen miteinander vernetzt werden können.
Dr. Dieter Glandt
Biologisches Institut Metelen e. V./Bundesweite Artenschutzschule
Samberg 65
D-48629 Metelen
e-mail: bim.zentrale@t-online.de
Programm
Wolf-Rüdiger Grosse & Susanne Meyer
Im Rahmen eines durch das Land Sachsen-Anhalt und der Europäischen Union geförderten Projektes sollen
die Überlebenschancen der Kammmolchpopulationen in der Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts untersucht werden.
Deutschland liegt im zentralen Verbreitungsgebiet des Kammmolches. Er weist in Sachsen-Anhalt ein weitlückiges
Verbreitungsmuster auf, was im wesentlichen durch das Habitatangebot in den Großlandschaften bestimmt wird.
Eine klimatische Einnischung des Kammmolches konnte nicht nachgewiesen werden. Bei der Habitatwahl dominieren
größere stehende besonnte Gewässer, die im Offenland liegen. Nach neueren Erhebungen verglichen mit den Daten
von SCHIEMENZ & GÜNTHER (1994) zur Herpetofauna Ostdeutschlands sprechen Fundpunktverteilung, Messtischblattpräsenz
und Bestandssituation für stabile Bestände in Sachsen-Anhalt.
Die derzeit laufenden Analysen lassen bezüglich der Konnektivität der Vorkommen deutliche Lücken erkennen.
Gewässerverlust und Eutrophierung sind laut Umfrageergebnis die am häufigsten genannten Gefährdungen für die
Kammmolchbestände. Die regionale Seltenheit der Art ist aber nicht mit ihrer Gefährdung in den Gebieten ihres
Vorkommens verbunden. Die Bestandsstärken werden methodenbedingt normalerweise sehr unterschätzt. Die Meldungen
von den ASA weisen z.T. noch auf für die Art hohe Populationsstärken hin. Außerdem sind für den Kammmolch
Bestandsschwankungen bekannt, deren Kausalität aber meist unbekannt ist. Wenn auch unverkennbar ist, dass die Art
in Teilen des Bundeslandes Bestandseinbußen hinnehmen musste, ist die Einstufung in die Kategorie 3 (Gefährdet)
der Roten Liste Sachsen-Anhalts berechtigt (MEYER et al. 2004).
Rote Listen
| RL BRD BEUTLER et al. 1998
| RL LSA alt BUSCHENDORF & UTHLEB 1992
| RL Novell.-vorschlag BUSCHENDORF & MEYER 1996
| RL LSA neu MEYER & BUSCHENDORF 2004
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Kammmolch
| 3
| 2
| 2
| 3
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Der gesetzliche Schutz im Land umfasst derzeit etwa 30 % der Vorkommen, wovon 15,6 % in FFH-Gebieten liegen
(MEYER & SY 2001). Die derzeit laufenden Schutzgebietsnachmeldungen sind dabei noch nicht eingerechnet. Da
Deutschland einen beträchtlichen Teil des Gesamtareals der Art abdeckt und im Arealzentrum liegt, wird eine
starke Verantwortlichkeit für die Erhaltung des Kammmolchs postuliert (STEINICKE et al. 2002).
PD Dr. Wolf-Rüdiger Grosse & Dipl. Biol. Susanne Meyer
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Institut für Zoologie, Spezielle Zoologie und Zoologische Sammlungen
Domplatz 4
D-06099 Halle/Saale
Tel: 0345/5526438, Fax: 0345/5527152
e-mail: grosse@zoologie.uni-halle.de
e-mail: meyer@zoologie.uni-halle.de
Programm
Monika Hachtel & Martin Schlüpmann
Die Nordgrenze des Gesamtareals der Gelbbauchunke verläuft in Nordrhein-Westfalen von der holländischen
Provinz Limburg quer durch Nordrhein-Westfalen vom Aachener Raum über die Ville, in den Siegburger Raum durch
das Bergische Land und NW-Sauerland, über den Hellweg, das Nordsauerland und die Paderborner Hochfläche und
schließlich bis an die Grenze des Weserberglandes weiter nach Süd-Niedersachsen. Hier liegen die nördlichsten
europäischen Vorkommen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren in etwa 371 von 1558 Messtischblattquadranten - Gelbbauchunken
vorhanden. Nach 1960 waren Unken noch in 96, nach 1980 in 57 und seit 1993 nur noch in 32 Quadranten, weniger als
10 % des ursprünglichen Areals, nachweisbar. Allein von 1981 bis nach 1995 sank die Anzahl der Vorkommen von 133
auf 49 - ein Verlust um über 60 %. Die Art ist auf der Paderborner Hochfläche, im nördlichen Sauerland, im
Westernhellweg und den überwiegenden Teilen des Bergischen Landes bereits ausgestorben. In vielen Teilarealen,
z.B. dem nördlichen Weserbergland, den Bergischen Heideterrassen und der Rureifel ist sie unmittelbar vom
Aussterben bedroht.
Ehemalige oder rezente Vorkommen sind vielfach in den Börden zu finden. Die Verbreitung der Gelbbauchunke in NRW
fällt im Wesentlichen mit pleistozänen Lössablagerungen und tiefgreifenden, schweren Ton- und Lehmböden zusammen.
Parabraunerden und Pseudogleye begünstigen Grundwasser unabhängige Oberflächengewässer wie z. B. wassergefüllte
Wagenspuren. In historischer Zeit, als Wege selten befestigt wurden, waren Pfützen und Wasserlachen allgegenwärtig.
Parallel dazu und bis weit in das letzte Jahrhundert hinein konnten sich die Unken in den unzähligen Kleinabgrabungen
halten. Seit man vor mehr als 150 Jahren begann, Wege und Straßen zu befestigen und in den letzten 60 Jahren die
Kleinabgrabungen aufzugeben, war es um den Kulturfolger schlecht bestellt. Der Wandel in der Abgrabungsindustrie
zu einer großindustriellen Abbautechnik führte schließlich zum Verlust der allermeisten Populationen.
Nur rasche und umfangreiche Maßnahmen können die Art in Nordrhein-Westfalen vor dem Aussterben retten. Relativ
einfache Maßnahmen in den Habitaten bestehender Populationen, insbesondere die Schaffung vieler besonnter,
vegetationsarmer Lachen und Wagenspuren, reichen prinzipiell aus. Erste Maßnahmen in NRW führten zu guten
Erfolgen: So wurden an den wenigen größeren Vorkommen des Rheinlandes, aber auch an solchen in Westfalen durch
Gewässeranlage und Freistellung von Gehölzen Reproduktionserfolge mit bis zu 200 Jungtieren pro Jahr beobachtet.
Obwohl die Ursachen des Rückgangs hinlänglich erklärbar und Maßnahmen zur Arterhaltung bekannt und erprobt sind,
fehlt es dennoch an wirkungsvollen Schutzkonzepten, die eine dauerhafte Etablierung oder Wiederausbreitung der
Populationen ermöglichen. Aber auch in der Erfassung gibt es nach wie vor Defizite: Im Rheinland werden auf
Privatgrundstücken, wo Besitzer gezielt Unkengewässer angelegt und die Art dadurch über lange Zeit erhalten haben,
aber auch in Wasser gefüllten Rückespuren im Wald immer wieder Vorkommen bekannt.
Durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie hat sich auch der Stellenwert der Gelbbauchunke als Art des Anhangs II
im behördlichen Naturschutz deutlich erhöht. Besonders in den letzten Jahren wurden Erfassungen, Schutzgebietsausweisungen
und nicht zuletzt in mehreren Gebieten umfangreiche Optimierungs-Maßnahmen durchgeführt. Größtes Problem ist
neben der unmittelbaren Gefahr des Aussterbens bei einigen kleineren Vorkommen die ausgeprägte Isolation der
meisten Populationen. Dem ersten Schritt - der rechtlichen Sicherstellung der Flächen, dem Erhalt und der
Stärkung der Bestände - müssen daher baldmöglichst Bemühungen zur Vernetzung folgen. Im südlichen Rheinland mit
den noch größten und meisten Vorkommen in NRW soll Rahmen eines von der HIT-Umwelt- und Naturschutzstiftung
geförderten Projektes der Erhalt der Unke in diesem Jahr weiter voran getrieben und koordiniert werden.
Dipl.-Biol. Monika Hachtel
Biologische Station Bonn
Auf dem Dransdorfer Berg 76
D-53121 Bonn
e-mail: m_hachtel@yahoo.com
Dipl.-Biol. Martin Schlüpmann
Biologische Station Westliches Ruhrgebiet
Ripshorster Str. 306 D-46117 Oberhausen
Programm
Christoph Herden & Hauke Drews
Die Rotbauchunke Bombina bombina hat in Europa einen südöstlichen Verbreitungsschwerpunkt. Die nördliche
Arealgrenze lag ursprünglich in Dänemark, Schweden und auch den baltischen Staaten zwischen dem 56. und 57.
nördlichen Breitengrad. Die westliche Arealgrenze liegt derzeit in der Region um Kiel (Schleswig-Holstein).
Im 1. Teil des Vortrags wird ein kurzer Überblick über den aktuellen Status der Art an der nordwestlichen
Arealgrenze gegeben. Der Mangel an geeigneten Habitaten, insbesondere dem räumlichen Mosaik aus sonnenexponierten
Laichgewässern, extensiv genutzten Sommerlebensräumen und geeigneten Winterquartieren oder der Fischbesatz in den
Gewässern hat im gesamten Verbreitungsgebiet zu einem starken Rückgang der Art geführt. Diese Gefährdungsursachen
wirken sich an den Arealgrenzen besonders gravierend aus.
Neben dem Lebensraumverlust werden derzeit auch weitere mögliche Gründe für die Bestandseinbrüche der vergangenen
Jahre diskutiert. So sind z.B. auch die (zu vermutende) "genetische Verarmung" und die daraus resultierenden
negativen Inzuchteffekte als mögliche Ursachen für den Bestandsrückgang zu diskutieren. Der überwiegende Teil
der oft stark isolierten Populationen ist sehr individuenarm (< 20 Rufer) oder hat in den vergangenen Jahren
Phasen mit extremer Individuenarmut durchlaufen ("genetic bottlenecks"). Beeinträchtigungen der "Fitness" der
Individuen/Populationen sind somit nicht unwahrscheinlich.
Ein weiterer interessanter Punkt ist die teilweise auffällige räumliche Korrelation zwischen den Karpfenzuchtgebieten
in der östlichen Landeshälfte Schleswig-Holsteins und dem Areal der Rotbauchunke. Sowohl die (unbeabsichtigte)
Verbreitung der Art innerhalb des Landes als auch die Verschleppung über Landesgrenzen hinweg mit Besatzfischen
ist nicht auszuschließen, was möglicherweise zum Verlust standortspezifischer Adaptationen und damit einer
reduzierten "Fitness" geführt hat. Eine Klärung dieser Fragen ist nur über gezielte genetische Untersuchungen zu
erlangen.
Im 2. Teil des Vortrags werden die aktuellen Schutzbemühungen in Schleswig-Holstein dargestellt. Insbesondere wird
dabei das naturschutzorientierte Management großer Flächen z.B. als halboffene Weidelandschaften durch die
Stiftung Naturschutz beispielhaft vorgestellt.
Dargestellt werden auch die wesentlichen Inhalte eines für 2004 beantragten Projektes im Rahmen des europäischen
LIFE Nature-Programmes (Entscheidung über die Bewilligung steht noch aus). Das Projekt, in dem neben Schleswig-Holstein
auch Dänemark, Schweden und Lettland mitarbeiten werden, zielt auf die langfristige Sicherung der Rotbauchunkenvorkommen
im Ostseeraum. Neben gezielten Maßnahmen zur Habitatneuanlage oder -optimierung liegt ein besonderer Schwerpunkt
des Projektes auch auf Nachzucht- und Wiederbesiedlungsprogrammen. Letztere sind notwendig, da eine Beschränkung
auf Habitatmanagement in der derzeitigen Situation nicht erfolgsversprechend ist. Das derartige Maßnahmen sehr
erfolgreich sein können, wurde in den vergangenen Jahren in einem ähnlichen LIFE-Projekt in Dänemark gezeigt. Ein
wichtiger Bestandteil des beantragten LIFE-Projektes wird die Durchführung gezielter genetischer Untersuchungen
als Grundlage für die Entscheidungen zum Populationsmanagement. Weitreichende Vorarbeiten hierzu wurden bereits
in einem vorgeschalteten LIFE-Starter-Projekt (2002/2003) geleistet.
Christoph Herden
GFN mbH, Adolfplatz 8, D-24105 Kiel
e-mail: c.herden@gfnmbh.de
Dipl-Biol. Hauke Drews
Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein
Eschenbrook 4, D-24113 Molfsee
e-mail: drews@sn-sh.de
Programm
Sylvia Hofmann, Klaus Henle & Wolf-Rüdiger Grosse
The lizard Zootoca vivipara is distributed throughout Germany. However, its distribution is localised
in regions that are characterised by intensive agriculture. One of these areas is the Elster-Luppe riverine
floodplain between the cities of Halle and Leipzig in Saxony. In this area the habitat of the species was
contiguous before the year 1930.
Fragmentation of the habitat due to the extraction of gravel and loam that continued until approximately 30 years
ago, presumably has resulted in the separation of several small isolated populations.
Such fragmentation processes usually are assumed to lead to the loss of genetic variability due to genetic drift
in small populations. We tested this hypothesis by comparing the amount and structure of genetic variability at
7 microsatellite loci in two of these fragmented populations with that of five populations in other parts of
Saxony-Anhalt and Mecklenburg-Vorpommern that have not been subjected to recent fragmentation. The
Heterozygosity values (HE) of all population were nearly similar. Gene diversity per locus was significantly
lower in the two populations from the riverine floodplain and their number of "missing" alleles was highest.
The allelic richness of all populations from Sachsen-Anhalt, with exception of one population, differed
significantly from population of Mecklenburg-Vorpommern, which showed the highest value. These results
corroborate the hypothesis of a loss of genetic variability in more or less small isolated populations and that
heterozygosity probably is decreased by population bottlenecks only if the bottleneck is extremely small.
Sylvia Hofmann and PD Dr. Wolf-Rüdiger Grosse
Institute of Zoology
Martin-Luther-University Halle-Wittenberg
Domplatz 4, D-06108 Halle
PD Dr. Klaus Henle
UFZ - Centre for Environmental Research
Dept. Conservation Biology and Natural Resources
Permoserstr. 15, D-04318 Leipzig
Programm
Dietrich Jelden
Der weltweite Schutz von Krokodilen und die Erholung ihrer Populationen ist eine der größten
Erfolgsgeschichten des internationalen Artenschutzes der letzten 30 Jahre. Die Rote Liste der
Weltnaturschutzunion IUCN des Jahre 1969 stufte noch alle 23 Vertreter der Ordnung Crocodylia
als entweder vom Aussterben bedroht oder als stark gefährdet ein. Im Jahr 2003 führt die Rote
Liste der IUCN noch 13 Krokodilartige auf, von denen lediglich 7 Arten als vom Aussterben bedroht
eingestuft werden.
Zu dem beispiellosen Artenschutz-Erfolg haben neben dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (engl.: CITES),
das seit 1975 völkerrechtlich alle 23 Krokodilarten unter Schutz stellt, haben auch maßgeblich innovative
Schutzstrategien, wie vor allem die konsumtive nachhaltige Nutzung beigetragen. In über 32 Ländern der
Erde gibt es heute staatlicherseits kontrollierte Nutzungsprojekte für Krokodile, wobei in vielen
Ländern geschlossene Farmzuchten mit Ranching-Projekten, die ohne intakte Wildpopulationen nicht
durchführbar wären, stark konkurrieren.
Am Beispiel der Nutzung von Leisten- und Neuguinea-Krokodil im südpazifischen Papua Neuguinea soll
aufgezeigt werden, wie unter Einbindung indigener Bevölkerungsgruppen, Krokodil-Ranching im Rahmen
der Armutsbekämpfung und Entwicklungshilfe auch dem Bestandsschutz wildlebender Populationen zugute
kommen kann.
Retrospektiv wird auf die in Deutschland entwickelte Schutzstrategie der nachhaltigen Nutzung
eingegangen, die inzwischen durch die 1992 auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung verabschiedete
Konvention zur biologischen Vielfalt sowohl im Völkerrecht als auch in der deutschen Politik unverrückbar
verankert wurde.
Dr. Dietrich Jelden
Bundesamt für Naturschutz
Konstantinstr. 110, D-53179 Bonn
Tel.: 0228-8491-453, Fax.: 0228-8491-470
e-mail: jeldend@bfn.de
Programm
Ulrich Joger
Schützen kann man nur das, was man kennt. Die Zahl der Amphibien- und Reptilienarten Europas ist in
den letzten 20 Jahren noch einmal um ca. ein Drittel angestiegen. Dies ist nicht auf verbesserte
Feldforschung, sondern auf die modernen molekularen Labormethoden der Verwandtschaftsforschung zurückzuführen.
Bei den Grünfröschen hat auch die Bioakustik ihren Teil zur Erkennung bisher "kryptischer" Arten beigetragen.
Solche Arten sind typischerweise morphologisch kaum verschieden von Ihren Schwesterarten und überschneiden
sich mit Ihnen nicht in der Verbreitung. Dann ist das biologische Artkonzept oft nicht anwendbar, und man
kann sich trefflich streiten, ob genetisch distinkte Taxa nun Arten oder nur Unterarten sind. Existiert eine
Kontaktzone, wie im Fall der Smaragdeidechsen Lacerta bilineata / L. viridis, kann das biologische
Artkonzept jedoch angewendet werden. Ist dies nicht der Fall, bieten "Konkordanzprinzipien" eine Alternative.
Für den Naturschutz mag es zwar aus formal-rechtlichen Gründen vorteilhaft sein, wenn eine zu schützende
Lokalform Artstatus genießt, ethisch-moralisch jedoch sollte es ohne Belang sein. Zur Erhaltung der Biodiversität
ist jede genetisch distinkte Form gleich wertvoll, ob sie nun einen eigenen Artnamen besitzt oder nicht.
In diesem Zusammenhang muss auch auf die Probleme der Faunenverfälschung eingegangen werden. Früher wurde naiv
angenommen, man könne eine lokal seltene Art stützen, indem man Tiere aus anderen Regionen ihres Verbreitungsgebietes
umsiedelt. In einem solcherart vermischten Genpool können lokal entwickelte Allele untergehen oder sogar
Populationen mit geringerer Überlebensfähigkeit erzeugt werden. Erst wenn man die phylogeographisch-genetische
Struktur einer Art im Gesamtverbreitungsgebiet kennt, kann man beurteilen, welche Populationen ggf. (in gut
begründeten Fällen) miteinander mischbar sind, ohne dass das Risiko einer Schwächung der lokalen genetischen
Fitness besteht. Dies wird am Beispiel der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) deutlich, von
der wir erst seit kurzem eine phylogeographische Gesamtanalyse vorliegen haben. Erst dadurch wurde klar, welch
ein Chaos durch frühere Aussetzungen verursacht wurde. In Hessen wird jetzt versucht, allochthone und potentiell
autochthone Sumpfschildkröten wieder zu trennen.
Prof. Dr. Ulrich Joger
Staatliches Naturhistorisches Museum Braunschweig
Pockelsstr. 10, D-38106 Braunschweig
Tel. 0531-2889210, Fax -2889250
e-mail: ulrich.joger@snhm.niedersachsen.de
Programm
Daniel Käsewieter & Wolfgang Völkl
Die Raumnutzung der Schlingnatter variiert sehr stark zwischen einzelnen Populationen. Ähnliches gilt für
die durchschnittlichen und maximalen Wanderdistanzen, bei denen es ebenfalls starke habitatabhängige und
regionale Komponenten zu geben scheint. Für Schutzkonzeptionen sind deshalb detaillierte Information über
die Zielpopulation notwendig.
Im Rahmen des E+E-Vorhabens "Lebensraumverbund für gefährdete Reptilienarten im Lechtal" wurden deshalb im
Lechtal südlich von Augsburg während der Vegetationsperioden 2000 und 2001 telemetrische Untersuchungen zur
Raumnutzung und zu den Wanderdistanzen der Schlingnatter durchgeführt.
Insgesamt wurden 17 Tiere mit Schlucksendern zwangsgefüttert. Die verwendeten zylindrischen CMSO-getriggerten,
magensäureresistenten Hybridsender (Fa. Ökokart, München) mit einer Sendedauer (=Batterieleistung der seriell
geschalteten Silberoxidzellen mit 3,1 V Gesamtspannnung) von ca. 100 Tagen waren 24 mm lang bei einem Durchmesser
von 8,6 mm und einem Gesamtgewicht von 3,6 g, hatten eine optimale Frequenz von 150 MHz, eine Impulsstärke von
1,7 mA und sendeten 56 Impulse/min. Das Sendesignal wurde über einen Goldkontakt unmittelbar auf den Körper der
Schlange abgeleitet, die somit selbst als Antenne fungierte. Die Peilung der Sender erfolgte mit einer
3-Element-Faltantenne (Yagi) und dem Empfängermodell TRX-1000S von Wildlife Materials, Inc. Die maximale
Entfernung für den Empfang der Signale betrug im Freiland ca. 150 m. Allerdings war die durchschnittliche
Empfangsentfernung wesentlich geringer, da die Signale bei Tieren, die sich in Verstecken oder in dichter
Vegetation aufhielten, nur schwierig zu empfangen waren. Die Ortung im Freiland gelang auf ± 2 m genau,
im Nahbereich sogar auf 0,5 m.
Die maximale Wanderdistanz variierte individuell sehr stark. Trächtige Weibchen waren sehr ortstreu und bewegten
sich innerhalb eines Radius von 10 m. Dagegen wanderten Männchen und nicht-trächtige Weibchen zum Teil sehr weit.
Die Maxima betrugen hier 6.600 m bzw. 4.000 m, wobei ein Tier auch den Lech überquerte. Möglicherweise dienen die
Lechdämme hier als "Leitstruktur", so dass in diesem spezifischen Lebensraum Ortsbewegungen oft nur unidirektional
stattfinden. Weiterhin dokumentieren die extrem weiten Wanderdistanzen das Ausbreitungspotential der Schlingnatter
im flussnahen Auelebensraum. Damit sollte es möglich sein, ein Verbundkonzept zwischen den einzelnen, derzeit
getrennten Populationen an den Lechstaustufen zu initiieren.
Die durchschnittlichen Reviergrößen unterschieden sich zwischen Männchen und Weibchen. Männliche Tiere besetzten
im Durchschnitt 0,9 ha (0,01 - 3 ha), während nicht-trächtige Weibchen im Durchschnitt nur 0,28 ha große Reviere
(0,01 - 0,5 ha) einnahmen. Bei den wenigen Tieren mit extrem weiten Wanderdistanzen ist die Berechnung einer
Reviergröße sehr schwierig. Trächtige Weibchen nahmen Reviere von durch-schnittlich nur 10 - 20 m2 Größe ein.
Telemetrische Untersuchungen über längere Zeitperioden zeigten auch die zeitliche Variabilität der
Ortsveränderungen, die im Sommer vor allem mit der Nahrungssuche zusammenhängen. Große Reviere und eine hohe
Frequenz an Ortsveränderungen deuten dabei auf eine geringe "Habitatqualität" hin.
Dr. Daniel Käsewieter & PD Dr. Wolfgang Völkl
Lehrstuhl für Tierökologie I
Universität Bayreuth, D-95440 Bayreuth, Germany,
e-mail: wolfgang.voelkl@t-online.de
Programm
Gunther Köhler
Das "Schutzprojekt Utila-Leguan, Honduras" ist ein gemeinsames Projekt der Zoologischen Gesellschaft
Frankfurt von 1858 e.V. (ZGF) und der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft (SNG). Das Projekt
hat zum Ziel, den dauerhaften Fortbestand des vom Aussterben bedrohten Utila-Schwarzleguans
(Ctenosaura bakeri) im natürlichen Lebensraum auf Utila zu gewährleisten. Wenn die letzten Brutgebiete
verloren gehen, wird der Utila-Leguan kaum eine langfristige Überlebenschance haben. Es ist deshalb dringend
geboten die wichtigsten Eiablageplätze durch Kauf von Strandgrundstücken zu schützen! Lebensraumschutz hat
deshalb höchste Priorität, so dass neben dem Utila-Leguan insgesamt die Fauna und Flora (mit mehreren endemischen
Arten) von unseren Bemühungen profitiert. Die Leguan-Station führt seit 1998 erfolgreich Arbeit durch in den
Bereichen Umwelterziehung, Beratung der Entscheidungsträger in Umwelt- und Entwicklungsfragen auf Utila sowie
Freilandforschung. Ein durchdachtes und durch Erfahrung stetig verbessertes Zuchtprogramm auf der Station
soll der Wildpopulation des Utila-Leguane durch gezielte Vermehrungsmaßnahmen helfen. Ein Zuchtprogramm in
Zusammenarbeit mit internationalen zoologischen Gärtern sichert einen externen Genpool und ermöglicht es den
Helfern in vielen Ländern dem Utila-Leguan "live" begegnen zu können. Dringliche Vorhaben sind ein ökologischer
Lehrpfad durch die Naturräume Utilas und die Etablierung eines Naturschutzgebietes.
Dr. Gunther Köhler
Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg, Sektion Herpetologie
Senckenberganlage 25, D-60325 Frankfurt a.M.
Fax: ++49-69-746238, Tel: ++49-69-7542-232
e-mail: gkoeh-ler@senckenberg.de
Programm
Joachim Kuhn
Der Vortrag bringt zunächst eine neutrale, einfach gehaltene Übersicht der Theorie mit ihren diversen
Modifikationen. Vorgestellt werden (quasi-) kontinuierliche und diskontinuierliche Populationen, klassische
oder Levins'sche Metapopulationen, Metapopulationen nach dem mainland-island bzw. nach dem core-satellite-Modell,
Populationssysteme nach dem source-sink-Modell und schließlich der Extremfall isolierter Lokalpopulationen.
Darauf aufbauend folgt eine kritische praxisorientierte Betrachtung, unter welchen Umständen das
Metapopulationskonzept für den Amphibienschutz relevant und fruchtbar ist und den Blick weitet - und unter
welchen Umständen es irrelevant und wenig hilfreich ist und zuweilen sogar den Blick verstellt. Auf verbreitete
Missverständnisse und Klischeevorstellungen wird hingewiesen, häufige Interpretations- und Argumentationsfehler
werden identifiziert.
Es geht im Vortrag nicht etwa darum, Stellung zu beziehen "pro oder kontra Metapopulationskonzept", vielmehr
wird am Beispiel Metapopulationen für eine überlegtere, zurückhaltendere, kritischere und differenziertere
Handhabung von Begriffen, Konzepten und Modellen plädiert, als sie sich in den letzten Jahren breit gemacht hat.
So eindrucksvoll modische Worthülsen klingen mögen, dem Naturschutz helfen sie nicht weiter.
Dr. Joachim Kuhn
Marktstraße 26, D-89143 Blaubeuren
Tel. 07344-6208
e-mail: kuhn@mpi-seewiesen.mpg.de
Programm
Martin Kyek
Im Rahmen zweier Großbauvorhaben - einem Autobahnneubau in Oberösterreich und einer großflächigen
Deponiesanierung bei Salzburg - wurden erstmals bereits in der Bauphase umfangreiche Schutzmaßnahmen
für die Herpetofauna umgesetzt. Beide Bauvorhaben waren mit der Problematik verbunden, dass sie in
äußerst wertvolle herpetofaunistische Lebensräume eingreifen, wichtige Biotopstrukturen zerstören und
aktuelle Wanderrouten unterbrechen. Als Strategien, um diese Eingriffe auf ein naturschutzfachlich
verträgliches Maß herabzusetzen, wurden folgende Maßnahmen ergriffen: 1. Sicherung und Umsiedlung
geschützter Tier- und Pflanzenarten vor und während der Bauphase, 2. Reduktion der populationsmindernden
Faktoren wie z.B. des Einflusses des Baustellenverkehrs durch konsequente Zäunung der Baustelle,
3. Schaffung von Ersatzlebensräumen vor der Vernichtung der angestammten Lebensräume,
4. Konzeption und Initiierung eines raumordnungsmäßigen Gesamtkonzeptes für das Umfeld des Eingriffs mit
dem Ziel einer nachhaltigen Sicherung der Artengarnituren und Populationsdichten.
Autobahnprojekt: Von der Errichtung der 11 km langen Autobahn waren 17 Laichgewässer der Amphibien betroffen,
14 dieser Gewässer wurden im Zuge des Baus zerstört. Acht erfasste, auf Grund der Strukturen als Sommer-
und Winterquartiere sowie Wanderkorridore eingestufte Landlebensräume waren direkt von der Errichtung der
Autobahn betroffen und wurden im Trassenbereich zerstört. Folgende Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen wurden
gesetzt: An 16 verschiedenen Stellen wurden insgesamt 18 Kilometer Amphibienschutzzaun mit 600 Fangbehältern
errichtet und über drei Jahre täglich betreut. Ergebnis: 10 Amphibien- und 5 Reptilienarten (insgesamt
22.517 Individuen). Weiters wurden 7 Tunnel-Leitanlagen an bisher ungeschützten Nebenstraßen mit einer
Gesamtlänge von 1.500 m und 38 Durchlässen errichtet. Die gesamte Autobahn wurde für die terrestrisch lebende
Kleintierwelt mittels einer adaptierten Jerseywand abgesperrt und 90 Hektar naturnahe Ausgleichsflächen
(23 Stillgewässer, ca. 60 Kleingewässer, Feuchtwiesen, Trockenrasen, Auwaldstrukturen, Wanderkorridore) geschaffen.
Deponiesanierung - Gewerbepark: Auf einer Fläche von ca. 15 ha wurden bis zum 1.1.2004 ca. 600.000 m³
Hausmüll bzw. Klärschlamm geborgen, sortiert und entsorgt. Auf dem direkt an der Salzach liegenden Gelände
wurde in den letzten 30 Jahren Schotter abgebaut und die Gruben mit Hausmüll und Klärschlamm wieder verfüllt.
Aus herpetologischer Sicht stellte die ca. 15 Hektar große Fläche, dies sich aus Auwaldresten, Ruderalfluren,
Sukzessionsflächen und Fichtenmonokulturen zusammensetzt, einen für die Herpetofauna hoch interessanten
Lebensraum dar, da er ein breites Spektrum an Teilhabitaten mit unterschiedlicher Substratfeuchte bietet.
Im Zuge der einjährigen Umsiedlung wurden in der Zeit von Anfang Juli 2002 bis Ende Juni 2003 mit ca. 4000
lfm Amphibienzaun mit dem 7 Fangbereiche abgezäunt wurden, 20 Schlangenbleche und 20 Fangkreuzen insgesamt
8.125 Individuen gefangen und in neu angelegte Lebensräume (17.000 m² neue Wasserflächen, 5.000 m²
Reptilienstandorte) übersiedelt.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich viele der Probleme im Zusammenhang zwischen Herpetofauna und
Großbauvorhaben durch ähnliche Vorgangsweisen befriedigend lösen lassen werden. Allerdings gibt es auch
gewisse Grenzen, die im Vortrag aufgezeigt werden.
Mag. Martin Kyek
Institut für Ökologie, Haus der Natur
Johann Herbst Straße 23, A-5061 Elsbethen
Programm
Markus Monzel
Seit Sommer 2001 wird die Herpetofauna der Region Trier im Rahmen von Lehrveranstaltungen der
Fachrichtung Biogeographie der Universität Trier sowie auf der Grundlage privaten Engagements kartiert.
Das 448 ha große Gelände des ehemaligen Standortübungsplatzes "Matheiser Wald" südlich des Stadtgebietes
von Trier wurde vor kurzem als Naturschutzgebiet ausgewiesen und überdies als FFH-Gebiet vorgeschlagen
bzw. nachgemeldet. Im Vordergrund der freilandökologischen Arbeiten stehen die Erfassung von Bestandsgrößen,
Geschlechterverhältnis, Altersstruktur sowie Populationsdynamik der (Teil-)Populationen sowie auch die
Bedeutung von aufgrund der bisherigen Nutzung des Gebiets entstandenen Vegetations- und Oberflächenstrukturen
(z.B. Kleingewässer als Laichhabitate) für die entsprechenden Arten. Schwerpunkt der bisher durchgeführten
Untersuchungen sind die beiden FFH-Arten Bombina variegata und Triturus cristatus (beide Anhang II und IV),
für die der Matheiser Wald eines der wichtigsten Vorkommensgebiete in Rheinland-Pfalz darstellt. Anhand
dieses Projekts sollen die Kriterien zur Ausweisung von FFH-Flächen unter biogeographischen und
populationsbiologischen Aspekten diskutiert werden.
Dipl.-Biogeogr. Markus Monzel
Universität Trier, Biogeographie
Sickingenstr. 96, D-54290 Trier
e-mail: monzelm@uni-trier.de
Programm
Thomas Mutz & Dieter Glandt
In ausgewählten Naturschutzgebieten des Münsterlandes und des Tecklenburger Landes
(Nordrhein-Westfalen) sowie einem Moorgebiet des angrenzenden südwestlichen Niedersachsens
wurde die Eignung künstlicher Verstecke für den Nachweis und die Kontrolle von
Reptilienpopulationen getestet. Dabei wurden zur Hälfte Schalbretter verwendet, die auf der
Oberseite dunkelgrau sind und an der Unterseite eine schmale Leiste haben, die für einen
sehr geringen Abstand zum Boden sorgt. Die andere Hälfte der künstlichen Verstecke sind
Profilbleche, deren Oberseite ebenfalls dunkelgrau gefärbt ist. Alle Objekte sind 0,5 m
breit und 1 m lang. Auf der Oberseite befindet sich bei allen Brettern und Blechen ein
Griff zum Anheben und eine kleine Tafel, die den Verwendungszweck erklärt.
In den Untersuchungsgebieten kommen insgesamt vier Reptilienarten vor: Waldeidechse,
Blindschleiche, Schlingnatter und Kreuzotter. Alle Arten konnten auch unter den
künstlichen Verstecken nachgewiesen werden. Insgesamt sind in fünf Untersuchungsjahren
459 Reptiliennachweise mit den Brettern und Blechen erzielt worden. Neben 63
Waldeidechsen- und 62 Blindschleichenfunden sind die hohen Fundraten von 70 Kreuzotter-
und 264 Schlingnatternachweisen hervorzuheben. Pro 100 Einzelkontrollen von künstlichen
Verstecke wurden im Durchschnitt 4,7 Reptilienfunde getätigt.
Die Temperaturmessungen in den Verstecken lassen den Schluss, dass die Bretter und Bleche
vor allem wegen ihres günstigen Mikroklimas und nicht nur wegen ihrer Versteckfunktion
von den Tieren aufgesucht werden. Die Temperaturen lagen unter den Objekten im Mittel um
4,3°C höher als die "Außentemperatur". Geringe Unterschiede in den bevorzugten Temperaturen
konnten bei den vier Reptilienarten nachgewiesen werden. Bei zunehmender Erfahrung mit
dieser Methode wurden die Kontrollen nur noch an Tagen mit eher kühlem Wetter und
bedecktem Himmel durchgeführt, weil dann aufgrund des günstigen Mikroklimas verstärkt
Tiere in den Verstecken zu finden waren. Mit einer längeren Liegezeit der künstlichen
Verstecke stiegen die Fundzahlen besonders bei den beiden Schlangenarten deutlich. So
wurden die höchsten Nachweiszahlen in allen Gebieten im zweiten oder sogar erst im
dritten Jahr der Untersuchung erreicht. Wie neuere Untersuchungen an Schlingnattern zeigen,
die mit Hilfe von Fotos individuell wiedererkannt werden, kann die Ortstreue der Tiere
recht hoch sein, so dass sie mehrfach und über einen längeren Zeitraum unter den
Verstecken angetroffen wurden. Es ließen sich bislang Tiere maximal fünfmal über einen
Zeitraum von einem Jahr und sechs Wochen finden. Mehrfach konnten sogar Geburten von
Schlingnattern unter den Brettern und Blechen nachgewiesen werden.
Nach fünf Untersuchungsjahren lässt sich feststellen, dass auf Dauer die Bleche höhere
Fundergebnisse bringen, da die Bretter nach einigen Jahren verwittern und vor allem
zunehmend für Ameisen attraktiv werden, wodurch sie dann als Liegeplätze für Reptilien
weniger geeignet sind. So verschob sich das Verhältnis der Funde von Brettern zu Blechen
von ungefähr 5 : 6 im ersten Untersuchungsjahr 1999 auf 5 : 23 im letzten Jahr der
Untersuchung.
Insgesamt ist diese Methode zum Nachweis und zur Untersuchung ökologischer Fragestellungen
wie Phänologie, Populationsgrößenberechnung etc. an Reptilien im Rahmen von
Schutzprojekten gut geeignet. Besonders in flächigen unübersichtlichen Gebieten ohne
lineare Strukturen sind die Bretter und Bleche eine große Hilfe beim Auffinden von
Reptilien. In Gebieten mit einem hohen Besucherverkehr können die künstlichen Verstecke
allerdings nicht oder nur eingeschränkt eingesetzt werden, da sie an solchen Stellen
zu oft angehoben und zur Seite gerückt werden.
Dipl. Biol. Thomas Mutz
Merschkamp 17, D-48155 Münster
Tel.: 0251/314161
e-mail: mutz-t@t-online.de
Dr. Dieter Glandt
Biologisches Institut Metelen e. V./Bundesweite Artenschutzschule
Samberg 65, D-48629 Metelen
e-mail: bim.zentrale@t-online.de
Programm
Richard Podloucky
1992 trat die "Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen
Lebensräume sowie der wildleben-den Tiere und Pflanzen" (FFH-Richtlinie) der EU
in Kraft. Hauptziel dieser Richtlinie ist es, zur Sicherung der Artenvielfalt durch
die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen
im europäischen Gebiet der Mitgliedsstaaten beizutragen.
Im Anhang II der FFH-Richtlinie sind die Arten von gemeinschaftlichem Interesse
aufgeführt, für deren Erhaltung die Mitgliedsstaaten besondere Schutzgebiete vorschlagen
und nach nationalem Recht unter Schutz stellen müssen. Die von der EU festgelegten
"Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung" sind zusammen mit den EU-Vogelschutzgebieten
nach einem genau festgelegten Zeitplan in ein zusammenhängendes ökologisches Netz
("Natura 2000") einzugliedern.
In diesem Beitrag soll die Bedeutung der Amphibien- und Reptilienarten bei der Umsetzung
der FFH-Richtlinie dargestellt werden, zumal diese beiden Artengruppen mit 134 Arten in
den drei Anhängen einen der Schwerpunkte unter den "Arten von gemeinschaftlichem Interesse"
bilden. Insbesondere am Beispiel des Bundeslandes Niedersachsen wird die Vorgehensweise
bei der Bearbeitung der FFH-Gebietsvorschläge für Amphibien (Triturus cristatus,
Bombina bombina, B. variegata) beschrieben (u. a. Gebietsabgrenzung, Größe)
und der derzeitige Sachstand aufgezeigt (Anzahl der Gebiete, Repräsentanz, Defizite).
Erste Erfahrungen liegen auch mit der Ausweisung von Schutzgebieten vor.
Die FFH-Richtlinie sieht ferner die Erstellung sogenannter Managementpläne (Pflege- und
Entwicklungspläne) vor. Auf der Grundlage einer "Erstinventur", d. h. einer flächenscharfen
Abgrenzung der Habitate der Anhang II-Arten, sowie der Bewertung der Erhaltungszustände
derselben, müssen Erhaltungsziele, ggf. auch Entwicklungsziele formuliert werden. Entsprechend
den Erhaltungszielen sind die erforderlichen Ent-wicklungs-, Schutz- und
Wiederherstellungsmaßnahmen durchzuführen und der Erhaltungszustand ist zu überwachen, um
damit den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung der Habitate der Arten
in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu gewährleisten. Außerdem besteht die Verpflichtung
zu einer allgemeinen Überwachung, dem Monitoring, für alle Arten von gemeinschaftlichem
Interesse (Anhänge II, IV und V). Am Beispiel des Bundeslandes Niedersachsen werden die
derzeit angewendeten Methoden für einige Am-phibienarten (Triturus cristatus,
Bombina bombina, B. variegata, Bufo viridis, Rana dalmatina),
der Finanzaufwand sowie der derzeitige Sachstand dargestellt.
Projekte, sog. Eingriffsvorhaben, die sich auf die mit der Ausweisung eines FFH-Gebietes
verfolgten Erhaltungsziele wesentlich auswirken könnten, sind einer angemessenen Prüfung
auf Verträglichkeit zu unterzie-hen (FFH-Verträglichkeitsprüfung). Insbesondere Amphibien
sind aufgrund ihrer unterschiedlichen Teillebensräume häufiger betroffen. Vorgehensweise
und Ergebnis werden am Beispiel des FFH-Gebiets-Vorschlages "Amphibienbiotope Doberg und
Weenzer Bruch" (Triturus cristatus, Bombina variegata) dargestellt.
Dipl.-Biol. Richard Podloucky
Niedersächsisches Landesamt für Ökologie, Abt. Naturschutz
Am Flugplatz 14, D-31137 Hildesheim
e-mail: richard.podloucky@nloe.niedersachsen.de
Programm
Jens Poschadel
Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) ist die einzige in Deutschland
vorkommende Schildkrötenart. Sie ist in ihrem weiträumigen Verbreitungsgebiet unterschiedlich
stark gefährdet, in Deutschland ist sie akut vom Aussterben bedroht. Für einen gezielten,
effektiven Schutz der Art ist es von elementarer Bedeutung, die genetische Struktur der
letzten autochthonen Populationen in Deutschland zu ermitteln und vergleichend zu bewerten.
Über eine fundierte Kenntnis der Populationsstruktur hinaus ist es entscheidend, großräumige
phylogeographische Zusammenhänge zu entschlüsseln. Anhand von HVS I-Sequenzen der mtDNA
Kontrollregion wurde die genetische Variabilität innerhalb und zwischen 13 Populationen dreier
europäischer Untersuchungsgebiete ermittelt. Es zeichnete sich ein Gradient der genetischen
Variabilität ab, vom ausgesprochen variablen Südwestspanien über Ostpolen bis zu den genetisch
einheitlichen Populationen Brandenburgs.
Die Analysen dreier Mikrosatelliten-Loci zeigten eine weitgehende Übereinstimmung mit den
Ergebnissen der mtDNA Analysen. Es bestätigte sich die allgemeine Tendenz, dass Populationen
am Rande von Verbreitungsgebieten einer Art in sich genetisch einheitlicher sind und sich
untereinander stärker unterscheiden als Populationen, die weiter im Zentrum und damit im
ökologisch optimalen Bereich des Areals angesiedelt sind. Die Entschlüsselung der
innereuropäischen Verwandtschaftsbeziehungen offenbarte eine unerwartete Tatsache: Tiere aus
Ostpolen und Brandenburg, die bisher einer auf der Basis morphologischer Charakteristika
definierten gemeinsamen Unterart zugerechnet wurden, zeigten eine ausgesprochen große genetische
Distanz zueinander. Dieser Befund war um so überraschender, als es sich hierbei um zwei räumlich
vergleichsweise nahe gelegene Gebiete handelt. Eine westpolnische Population konnte hingegen
verwandtschaftlich eindeutig den für Brandenburg ermittelten Haplotypen zugeordnet werden.
Diese Ergebnisse sind überaus wichtig für die Entscheidung, ob und wie Austausch- und
Wiederansiedlungsprojekte in Brandenburg und insbesondere in Polen durchgeführt werden sollen.
Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Feldmethode zur Gewinnung von DNA aus
Mundschleimhautabstrichen wurde erfolgreich für den Einsatz an insgesamt 14 Reptilien- und
Amphibienarten überprüft. Sie wurde sowohl für die hier dargestellten molekularbiologischen
Untersuchungen an E. orbicularis als auch in einem Forschungsprojekt zur Bestimmung der
Phylogeographie des Pyrenäen-Gebirgsmolches Euproctus asper eingesetzt. In diesen Studien
wurden Sequenzen von insgesamt etwa 200 Individuen aus vier Schildkröten- und sechs Molcharten
erzeugt. Besonders die Beprobung juveniler Sumpfschildkröten sowie kleiner Molcharten wie
Triturus vulgaris oder Triturus helveticus wäre unter Verwendung herkömmlicher
Methoden nicht ohne eine Gefährdung der Tiere möglich gewesen. Die Einfachheit und universelle
Einsetzbarkeit dieser Methode erlaubt eine vielfältige Verwendung in Forschungs- und
Artenschutzprojekten unter wissenschaftlicher Kontrolle mit Hilfe molekularbiologischer Methoden.
Dr. Jens Poschadel
Zoologisches Institut und Zoologisches Museum der Universität Hamburg
Martin-Luther-King-Platz 3, D-20146 Hamburg
e-mail: jposchadel@yahoo.de
Programm
Karin Ricono
"Die zuständigen Behörden und Stellen sollen für die Erhaltung der Lebensstätten besonders geschützter Arten Sorge tragen." (§ 63, Pkt.2, LG NRW, Stand 2000).
Im Stadtgebiet Wuppertal kommen mit Schlingnatter, Zauneidechse und Ringelnatter drei in NRW stark gefährdete Reptilienarten vor (RL Kat.2, LÖBF 1999).
Bedingt durch ein langjähriges starkes ehrenamtliches herpetofaunistisches Engagement im Stadtgebiet und eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Stadt Wuppertal, den lokalen Naturschutzverbän-den und der LÖBF wurden Synergieeffekte geschaffen und für den Reptilienschutz genutzt. Mit Fördermit-teln der Bezirksregierung Düsseldorf, projektbezogener Kooperation und Förderung durch RWE Net, mit tatkräftiger Unterstützung durch den Staatsforst (Forstamt Bergisch-Gladbach) und durch den persönlichen Einsatz des städtischen Umweltdezernenten, konnten auf kommunaler Ebene in den letzten Jahren größere Reptilienschutzprojekte gestartet und Pflegekonzepte umgesetzt werden.
In einer mehrjährigen Untersuchung konnten systematisch die Flächen im Stadtgebiet überprüft werden, zu denen Datenmaterial über Reptiliennachweise vorlag. Anhand der aktuellen Zustandserfassung wurden die Flächen hinsichtlich ihrer grundsätzlichen strukturellen Eignung als Reptilienbiotope und hinsichtlich ihrer räumlichen Beziehung zueinander bewertet. Daraus resultierend liegen heute Daten zu einem gesamt-städtischen Biotopverbund für Reptilienhabitate und ein mit Prioritäten versehenes Maßnahmenpaket zur Optimierung der Flächen vor. Zur sukzessiven kostengünstigen Umsetzung der Maßnahmen werden Lö-sungsansätze sowohl im Rahmen von Kompensationsverfahren als auch über Kooperationsprojekte verfolgt.
Dipl. Biol. Karin Ricono
Stadt Wuppertal, Ressort Umweltschutz
Große Flurstr. 10, D-42269 Wuppertal
e-mail: karin.ricono@stadt.wuppertal.de
Programm
Benedikt Schmidt
Seit etwa 15 Jahren geistert der Begriff des "global amphibian decline" durch die Literatur.
In diesem Vortrag geht es darum zu zeigen, 1) wie der Begriff entstanden ist,
2) was damit im engeren Sinn gemeint ist,
3) welche Evidenz es für "global amphibian decline" gibt und
4) welche Faktoren potentiell dafür verantwortlich sind.
Im weiteren geht es darum zu zeigen, welche Schwierigkeiten mit dem Nachweis eines "global
amphibian decline" verbunden sind. Drei Sachen stehen hier im Vordergrund:
1) Probleme bei der Methodik der Erfassung von Amphibienpopulationen im Feld und die
sich daraus ergebenden Komplikationen,
2) ein mangelhaftes Verständnis der Populations- und Metapopulationsdynamik von Amphibien, und
3) Interaktionen zwischen potentiell kausalen Faktoren des Rückgangs.
Zum Schluss soll noch die Frage diskutiert werden, ob wir in Europa auch vom "global amphibian
decline" betroffen sind.
Dr. Benedikt Schmidt
KARCH, Naturhistorisches Museum
Bernastrasse 15, CH-3005 Bern
Tel. 0041 313507455, Fax 0041 313507499
und
Zoologisches Institut, Universität Zürich
Winterthurerstrasse 190, CH-8057 Zürich
Programm
Norbert Schneeweiß
In umfassenden Feldstudien zeichnete sich ab, dass die Europäische Sumpfschildkröte
(Emys orbicularis) in Nordost-Deutschland unmittelbar im Bereich ihrer nordwestlichen
Arealgrenze nur noch mit wenigen Reliktpopulationen existiert. Die Vorkommen waren
ausgesprochen individuenarm (max. 13 Indiv./Population), stark überaltert und voneinander
isoliert. Jungtiere wurden nicht nachgewiesen. Letzteres war in erster Linie auf hohe
Verluste während der Brutzeit und den Mangel geeigneter Gelegehabitate zurückzuführen.
Mit dem Ziel die Populationen zu stabilisieren und langfristig zu sichern, wurde ein
komplexes Schutzprogramm erstellt. Wichtige Bestandteile dieses Vorhabens waren und sind
die Sicherung bzw. Wiederherstellung der Lebensräume und die Bestandsstützung individuenarmer
Restpopulationen. Hierbei wurden schwerpunktmäßig die Gelegeplätze erkundet und durch
Sofortmaßnahmen gesichert. An entsprechenden Standorten wurden Ackerflächen stillgelegt,
Lichtungen in Kiefernforsten vergrößert und offene Expositionen durch Wiesenmahd erhalten
bzw. geschaffen. Predatorenverluste an den Gelegen ließen sich z.B. mit Hilfe von Wildzäunen
verringern. In klimatisch günstigen Jahren bestätigten Bruterfolge im Freiland den Erfolg
dieser Maßnahmen.
Mitte der 1990iger Jahre wurde in 3 Populationen damit begonnen, einzelne Gelege bzw.
Teilgelege der Natur zu entnehmen und sie künstlich zu erbrüten. Im Zeitraum von 1996 bis
2002 wurden 134 zwei- bis dreijährige Jungtiere in die Herkunftspopulationen zurückgeführt.
Anhand mehrfacher Wiederfunde ausgesetzter und nunmehr subadulter Jungtiere zeichnet sich
eine allmähliche Verjüngung und Stabilisierung der Populationen ab.
Zukünftige Wiederansiedlungen auf der Basis autochthoner Nachzuchten sind geplant.
Dr. Norbert Schneeweiß
Landesumweltamt Brandenburg, Naturschutzstation Rhinluch
Nauener Straße 68, D-16833 Linum
e-mail: schneeweiss@herpetopia.de
Programm
Marion Schumann
Der in Raisdorf (Kreis Plön, SH) ansässige Naturschutzverein "Koordination Natur im
Kreis e.V." (knik) hat in den letzten dreizehn Jahren wiederholt Amphibienkartierungen
in einem festgelegten Gebiet des Kreises Plön durchgeführt (ca 4.500 ha). 230 Gewässer
wurden in den Jahren 1990, 1993, 1999/2000 und 2002/2003 vollständig oder teilweise auf
Amphibien-Vorkommen untersucht. Aktuell wurden acht Arten nachgewiesen, die Rotbauchunke
ist inzwischen ausgestorben.
Das Untersuchungsgebiet ist Teil der Jungmoränenlandschaft. Es weist ausgedehnte Wälder
mit Waldtümpeln, kleinstrukturierte Knicklandschaften und großräumige Agrarlandschaften
auf. Im Untersuchungsgebiet treten neben Landschaftsteilen, in denen sich die
Lebensraumbedingungen in den letzten 13 Jahren nicht wesentlich verändert haben, auch solche
auf, in denen es erhebliche Naturschutzbemühungen gegeben hat.
Die mehrjährigen Untersuchungen wurden in Hinsicht auf Aussagen zur Bestandsentwicklung der
Arten in den sehr verschiedenen Landschaftsteilen ausgewertet. Bereits die ersten Auswertungen
zeigten, dass die Erhebungen 1993 und 1999/2000 nicht systematisch genug erfolgten, so dass
sie nur für Teile des Untersuchungsgebietes herangezogen werden konnten. Bei der quantitativ
vollständigeren Untersuchung 1990 erfolgte keine ausreichende Trennung von Moor- und Grasfrosch,
auf die systematische Erfassung von Erdkröte und Teichfrosch wurde zu wenig geachtet.
Offensichtlich wurden die genannten Mängel durch eine sehr systematische Erhebung an allen
Gewässern in den Jahren 2002/2003. Danach war die Zahl der Nachweise des Moor- und Teichfrosches
und der Erdkröte deutlich höher als in den Vorjahren, ebenso die Zahl der Gewässer mit
Laichvorkommen mehrerer Arten.
Eine Vergleichbarkeit der Daten ergab sich vor allem für die Jahre 1990 und 2002/2003 in Hinsicht
auf Grasfrosch/Braunfrosch und Laubfrosch.
1.Vergleich der Ergebnisse 1990 und 2002/2003 (in beiden Jahrgängen untersuchte Gewässer)
Grasfrosch: Die Zahl der Laichballen 1990 betrug fast 5300, im Jahr 2002/2003 nur noch 2700.
Von letzteren entfielen fast 500 auf eine besondere Naturschutzmaßnahme (Pohnsdorfer Stauung).
Als Ursachen des Rückgangs wurden für die Knick- und Agrarlandschaft eine schnell fortschreitende
Verlandung und/oder Verschattung ehemals hochwertiger Flachgewässer durch Einzäunungsmaßnahmen
ausgemacht. - Der Rückgang in den Wäldern des "Klosterforstes" (1/3 des Bestandes) lässt sich
auf massive Entwässerungsmaßnahmen seit 1998 zurückführen.
Laubfrosch: Die Zahl der Rufer fiel von 372 im Jahr 1990 auf 150 im Jahr 2002/2003. Ursachen sind
die deutliche Verlandung/Verschattung zahlreicher Flachgewässer aufgrund von Einzäunungsmaßnahmen,
aber auch die fortschreitende Entwässerung zahlreicher temporär auftretender Ackertümpel in der
kuppigen Jungmoränenlandschaft.
2. Vergleich der absoluten Zahlen 1990 und 2002/2003
Braunfrösche: In beiden Jahrgängen wurden ca 6000 Laichballen erfasst, d.h. zahlreiche neue
Gewässer wurden besiedelt. Dreiviertel des Bestandes konzentrieren sich in 1/10 der untersuchten
Gewässer. Allein 30 % des Bestandes 2002/2003 gehen auf Naturschutzmaßnahmen zurück. Für einige
Regionen können differenzierte Angaben zur Bestandsentwicklung gemacht werden.
Laubfrosch: 360 Rufer von 1990 stehen 326 Rufern 2002/2003 gegenüber. Die Zahl der Gewässer mit
mehr als 5 Rufern ist zurückgegangen. Die aktuellen Bestände profitieren insbesondere von der
Naturschutzmaßnahme "Pohnsdorfer Stauung" (150 bis 200 Rufer).
Die Bestände beider Arten(gruppen) rekrutieren sich ganz überwiegend aus wenigen großen Vorkommen
in geeigneten Gewässern. Nur umfassende Naturschutzmaßnahmen haben einen Bestandseinbruch von
Braunfröschen und Laubfrosch verhindern können.
3. Besiedlung verschiedener Gewässertypen
Für Gras- und Moorfrosch, Laub- und Teichfrosch wird die Besiedlung unterschiedlicher Gewässertypen
ausgewertet. Allgemeine Erkenntnis ist, dass größere Gewässer bei weitem größere Laichpopulationen
beherbergen. Einige wenige (temporäre) Flachseen und Weiher können dadurch eine herausragende
Rolle für einzelne Arten erlangen.
Dr. Marion Schumann
Koordination Natur im Kreis e. V. (knik)
Mühlenberg 62, D-24211 Preetz
Tel.: 04342-81303
e-mail: bioplan.schumann@t-online.de
Programm
Sebastian Steinfartz
Die Bildung neuer Arten ohne räumliche Trennung, die sogenannte sympatrische Artbildung, hatte
bisher vor allem theoretische Bedeutung für die Evolutions- und Populationsbiologie. Allerdings
bestätigen immer mehr Fallbeispiele natürlich vorkommender Populationen, dass sich genetische
Differenzierung in natürlichen Populationen unter den geeigneten ökologischen Rahmenbedingungen
sehr schnell und auch ohne räumliche Trennung vollziehen kann. Den Einfluss ökologischer Anpassung
auf die genetische Differenzierung und somit auf die Bildung neuer Arten innerhalb eines natürlichen
Systemes untersuchte ich an einer Feuersalamanderpopulation im Kottenforst in der Nähe von Bonn.
In dieser nacheiszeitlich wiederbesiedelten Region haben sich innerhalb des Kottenforstes ohne
räumliche Trennung zwei Ökotypen des Feuersalamanders entwickelt, die unterschiedliche
Fortpflanzungsgewässer nutzen. Der `stream´-Typ setzt seine Larven wie vom Feuersalamander bekannt
in fließende Gewässer ab, wohingegen der `pond´-Typ stehende Gewässer zur Fortpflanzung nutzt.
Intensive Freilanduntersuchungen und Laborversuche in Kooperation mit Dr. MARKUS WEITERE zeigten, daß
es sich bei diesen beiden Fortpflanzungstypen um bereits genetisch adaptierte Fortpflanzungsstrategien
handelt, wobei die unterschiedlichen Selektionsdrücke vor allem durch die hohe Austrocknungsgefahr
und den vorhandenen Futtermangel in den `ponds´ hervorgerufen werden. Die genetische Feinanalyse
mittels Mikrosatelliten-Loci zeigte darüberhinaus, dass der Genfluss zwischen den beiden
Fortpflanzungstypen bereits reduziert ist und sich beide Typen im Prozess der genetischen
Differenzierung befinden. Um die nachgewiesene genetische und verhaltensspezifische Differenzierung
unter den vorherrschenden räumlichen Bedingungen (das heißt ohne räumliche Trennung) zu erklären,
ist es notwendig sortengleiche Paarung (sogenanntes `assortative mating´) anzunehmen. Für die
Frage des Artenschutzes könnten die Ergebnisse meiner Studie vor allem für die Frage der Kompatibilität
von Populationen innerhalb einer taxonomisch definierten Art eine große Rolle spielen. So könnten
gerade nah verwandte Populationen inkompatibel miteinander sein und bei möglichen Wiederbesatzmaßnahmen
einen ungewünschten gegenteiligen Effekt aufeinander ausüben. Darüberhinaus unterstreicht die Studie
den Einfluss lokaler Adaptation auf genetische Differenzierung; für einen sinnvollen Artenschutz
sind nicht nur eine genetische, sondern auch eine detailierte ökologische Analyse der entsprechenden
Populationen notwendig.
Dr. Sebastian Steinfartz
Universität zu Köln, Institut für Genetik
Weyertal 121, D-50931 Köln
e-mail: steinfartz@uni-koeln.de
Programm
Jürgen Thein & Julia Gomberg
Im Landkreis Hassberge in Unterfranken/Nordbayern befinden sich im Ebelsbachtal fünf
Sandsteinbrüche, die nach wie vor abgebaut werden. Die Steinbrüche sind unterschiedlich groß
und verfügen über ein Mosaik verschiedenster Lebensräume auf engstem Raum, wie beispielsweise
Magerstandorte, Ruderalflure, nackte Felswände und oligotrophe Kleingewässer.
Diese reich strukturierten Lebensräume bieten spezialisierten Arten wie der Gelbbauchunke
(Bombina variegata) einen Lebensraum. Durch die andauernde Bearbeitung entstehen immer
wieder neue ephemere Kleinstgewäser, die für das Überleben der Gelbbauchunke unerlässlich sind.
Ziel des Projekts war es, abzuschätzen auf welche Größe sich die Gelbbauchunkenpopulation in jedem
dieser fünf Steinbrüche beläuft. Um die Populationsgrößen festzustellen wurden Fang-Wiederfang-
Untersuchungen durchgeführt. Dabei wurden die individuellen Bauchzeichnungen der Tiere mit
Hilfe von Fotos erfasst. Die Untersuchungen erstreckten sich von Anfang Mai bis Ende Juli 2003.
Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass die Unkenpopulationen in diesen Steinbrüchen weitaus
größer waren als zunächst angenommen. Die kleinste Population wurde in einem Steinbruch
("Klaubmühle") auf 43 Individuen geschätzt (20 - 158 Ind., 95% CI), während die größte
Population im Steinbruch "Schleifsteinwerke neu" auf 514 Tiere (476-579 Ind., 95% CI) geschätzt
wurde. Insgesamt konnten in allen fünf Steinbrüchen über 1.200 verschiedene Individuen gezählt
werden.
Mittels dieser Kenntnisse ist es nun möglich, mit den Steinbruchbetreibern Schutzmaßnahmen zu
erarbeiten, um die Lebensräume dieser FFH-Anhang II-Art dauerhaft zu erhalten und zu optimieren.
Laut der FFH-Richtlinie ist in sechsjährigen Abständen ein Monitoring der Anhang II-Arten
vorgeschrieben. Entsprechende Monitoring-Anleitungen werden derzeit erarbeitet. Insbesondere
für die Beurteilung der Bestandsentwicklung großer Populationen erscheinen Fang-Wiederfang-
Untersuchungen notwendig.
Gefördert wurde das Projekt mit Mitteln des Bayerischen Naturschutzfonds aus Erlösen der
Glücksspirale.
Dipl.-Biol. Jürgen Thein & Dipl.-Biol. Julia Gomberg
Bund Naturschutz e.V., Kreisgruppe Hassberge
Tränkberg 6, D-97437 Hassfurt
Tel./Fax: 09521/7113
e-mail: bund-naturschutz-hassberge@t-online.de
Programm
Wolfgang Völkl, Daniel Käsewieter, Niels Baumann, Dirk Alfermann & Wolfram Güthler
Während der Vegetationsperioden 2000 und 2001 wurden im Lechtal zwischen der Lechmündung in
die Donau und Landsberg/Lech (Südbayern) im Rahmen eines Erprobungs- und Entwicklungsvorhabens
in acht Untersuchungsgebieten kleinräumige Verbreitung, Habitat- und Raumnutzung und
Populationsstruktur der fünf vorkommenden Reptilienarten Kreuzotter (Vipera berus),
Ringelnatter (Natrix natrix), Schlingnatter (Coronella austriaca), Zauneidechse
(Lacerta agilis) und Blindschleiche (Anguis fragilis) untersucht. Das Projekt wurde
vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) gefördert, der Deutsche Verband für Landschaftspflege e.V.
übernahm die Trägerschaft. Das Ziel des Vorhabens waren die Bewertung der Vorkommen und die
Konzeption eines Biotopverbundes.
Nördlich von Augsburg konnten nur von Zauneidechse und Blindschleiche individuenstarke
Populationen nachgewiesen werden, während die drei Schlangenarten nur sporadisch vorkamen.
Südlich von Augsburg leben im Augsburger Stadtwald sowie an den Lechstaustufen auch noch größere
Populationen der drei Schlangenarten. Derzeit sind alle Reptilienarten auf anthropogene
Ersatzhabitate angewiesen; die Primärlebensräume sind weitgehend zerstört. Die Hauptlebensräume
stellen die Uferbereiche des Lechs (Dämme, Steinschüttungen) sowie die angrenzenden Randbereiche
zum Auwald und zu den typischen Magerrasen (Lechheiden) dar. Die Ringelnatter- und
Kreuzotterpopulationen scheinen aufgrund eines geringen Nahrungsangebotes für die Jungtiere
überaltert zu sein, während die Situation der Schlingnatter südlich von Augsburg noch relativ
günstig erscheint. Telemetrische Untersuchungen zeigten bei dieser Art ungewöhnlich große
Wanderdistanzen.
Auf der Grundlage dieser bei den Freilanduntersuchungen erzielten Daten und den daraus gezogenen
Schlussfolgerungen wurde ein ausführliches Maßnahmenkonzept mit kartographischen Darstellungen
angefertigt, das zum Ziel hat, die derzeit isolierten Reptilienvorkommen über einen großräumigen
Biotopverbund wieder zu vernetzen. Für die Planung eines großräumigen Biotopverbund wird eine
Zweiteilung des Untersuchungsraumes vorgeschlagen. Nördlich von Augsburg ist zunächst prioritär
eine Stützung und Förderung der aktuellen Populationen durch lebensraumverbessernde Maßnahmen
notwendig. Dazu gehört vor allem auch die Anlage von Kleinstrukturen, die in vielen Bereichen
defizitär erscheinen. Auch Eiablageplätze für Ringelnatter und Zauneidechse scheinen einen
Mangelfaktor darzustellen. Erst bei einem Anwachsen der aktuellen Populationen dürfte ein
Emigrationsdruck entstehen, der einen Biotopverbund sinnvoll und notwendig macht. Südlich von
Augsburg können aufgrund der weitaus individuenstärkeren Populationen bei allen Arten bereits
Maßnahmen für eine Biotopverbund durchgeführt werden. Dabei spielen die Lechdämme, die als
durchgehende Struktur alle Untersuchungsgebiete verbinden, die wichtigste Rolle bei konzeptionellen
Überlegungen. Wichtige Maßnahmen für einen Verbund sind die Beseitigung von Isolationsfaktoren
entlang der Lechdämme, die Schaffung von Trittsteinlebensräumen zwischen den derzeitigen Vorkommen
und die Quervernetzung mit lechfernen (> 1 km Distanz vom Lechufer) Populationen durch
lebensraumverbessernde Maßnahmen in der weitgehend ausgeräumten Agrarlandschaft.
Die wissenschaftlichen Untersuchungen im Rahmen der E+E-Voruntersuchung wurden von zahlreichen
akzeptanzsteigernden, öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen begleitet. Die Ergebnisse wurden zum
Projektende auf einem Fachsymposium mit Vertretern aus Wissenschaft und Praxis vorgestellt und
diskutiert. Es wurden drei Projektfaltblätter angefertigt, über zahlreiche Pressemitteilungen
die lokalen und überregionalen Vertreter von Presse, Funk und Fernsehen bedient und Exkursionen
in die Lebensräume der Reptilien im Lechtal angeboten. Dazu kam eine Umfrageaktion in den
Augsburger Apotheken zur Kenntnis und Akzep-tanz heimischer Reptilien.
Mit der abschließenden Prioritätensetzung unter Berücksichtigung der fachlichen Notwendigkeit,
Repräsentativität, Umsetzbarkeit und Finanzierbarkeit wird ein Maßnahmenkonzept vorgeschlagen,
das gebietsbezogen vordringliche Maßnahmen ableitet, die nach detaillierter Abstimmung mit den
verschiedensten Nutzergruppen und Flächeneigentümern vor Ort zur Umsetzung gelangen sollen.
PD Dr. Wolfgang Völkl, Dr. Daniel Käsewieter, Dipl. Forstw. Niels Baumann, Dipl.Biol.
Dirk Alfermann
Lehrstuhl für Tierökologie I, Universität Bayreuth
D-95440 Bayreuth
e-mail: wolfgang.voelkl@t-online.de
Dipl.-Ing Wolfram Güthler
Deutscher Verband für Landschaftspflege
Feuchtwanger Straße 38, D-91522 Ansbach
Programm
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