Bei vorbereitenden Arbeiten zur Sanierung einer Autobahn wurden im straßenbegleitenden Entwässerungssystem bereits auf den ersten Kilometern und an einem weiteren Untersuchungspunkt zahlreiche Feuersalamander mit Hilfe einer Kanalkamera in den sehr engen Rohrleitungen nachgewiesen in etwa 1,50 m bis 1,80 m Bodentiefe. Die durchführende Firma hat die Arbeiten von sich aus kurzfristig unterbrochen, um evtl. noch eine Methode bzw. eine Maßnahme zu finden, die bei weiteren Kamerabefahrungen möglichst tierschonend arbeitet. Der Inhalt des ausgespülten Wassers, der bei einer Kamerauntersuchung mit zeitgleicher Spülung zur Reinigung der Rohrinnenwände anfällt, wird üblicherweise nicht weiter beachtet, z. B. in einem Spülwagen entsorgt oder einer Klär- oder Absetzeinrichtung zugeleitet, da es durch die Spülung belastetes Abwasser ist.
Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass einzelne Feuersalamander eines größeren Vorkommens bei der Naßbefahrung mit einer Kamera gefährdet sind, da die Gefahr des Überrollens durch die Kamera (45 kg) bzw. der Verletzung durch den sehr hohen Spüldruck zur Reinigung der Rohrinnenwände besteht. Die Reinigung stark verschmutzter Rohrbereiche ist notwendig, um z. B. Risse in der Rohrwandung zu erkennen. Auf dem Boden der Rohrleitung sitzende Feuersalamander können der Gefahr nur entkommen, wenn sie bei Wahrnehmung der Kamerabeleuchtung es noch rechtzeitig schaffen, die gerundeten Wände der Rohrleitung ein kleines Stück vom Rohrboden an der inneren, unteren Rohrwandrundung hoch zu klettern und gleichzeitig keine Naßbefahrung durchgeführt wird, die die Tiere mit hohem Druck von der Rohrwand spült und dabei verletzt. Diese Fluchtbewegung der Feuersalamander erfolgt, wenn überhaupt, nur sehr langsam. Manche Tiere verharren auch am Boden der Rohrleitung. Aufgrund des sehr engen Rohrdurchmessers besteht bei der Befahrung keine Ausweichmöglichkeit für die Kamera.
Die Rohrleitungen sind wegen des geringen Durchmessers auch nicht begehbar, lediglich in den sehr weit auseinander liegenden Einstiegsschächten besteht punktuell ein eng begrenzter Zugang. In diesen tageslichtdurchfluteten Einstiegsbereichen wurden einzelne Feuersalamander gefunden. Die weitaus meisten Tiere, überwiegend adulte Feuersalamander, wenige jüngere Tiere, halten sich tiefer im Inneren der Rohrleitungen auf. Ein der Kamerabefahrung vorgelagertes Absammeln ist in den engen Rohren daher nicht möglich.
Eine vorherige Ausspülung (wie lange und mit welchem Druck?) des gesamten, beidseitig an den äußeren Straßenrändern und im mittleren Bereich der Autobahn über viele Kilometer verlaufenden Rohrsystems ist aufgrund der Querverbindungen und der vorhandenen Versteckmöglichkeiten für die Feuersalamander in Fugen des Kanalsystems nicht optimal bzw. auch nur schlecht durchführbar und zudem mit einem hohen Aufwand verbunden. Die Orte der vorhandenen Ausgänge / Drainagen / Sammelstellen aus dem stellenweise entsprechend des Straßenverlaufes auch an- und absteigenden Rohrsystems könnten lokalisiert werden. Würden hier die dann über einige hundert Meter ausgespülten Feuersalamander ankommen, könnte man sie absammeln (verletzt? noch lebend?). Diese (wenigen) Tiere müssten zwischengehältert und in ein geeignetes Habitat gebracht werden. Das kann nur nach zeitlich intensiver und ausreichender Vorprüfung (bereits vorhandene Siedlungsdichte im Habitat, Versteckqualitäten, Chytridpilzuntersuchung, Genehmigung zum Aussetzen usw.) erfolgen.
Die Untersuchungsarbeiten in den Rohrleitungssystemen der Straßenentwässerung stehen unter einem hohem Zeitdruck und sollen bald mit der möglichst tierschonensten Methode fortgesetzt werden. Meine Recherchen haben bisher keinen vergleichbaren Fall ergeben. Gibt es irgendwo Beobachtungen und Erfahrungen mit vergleichbaren Fällen (unterirdische Kamerabeobachtungen von Feuersalamandern in meist nicht begehbaren Kanalsystemen; Vergrämung?). Will man jeden Feuersalamander retten, wäre eine fahrbare Kamera mit ferngesteuertem kleinem Greifarm, Sammelbehälter und Beleuchtung ideal, die gibt es aber leider (noch) nicht...
Feldherpetologen ist lange bekannt, dass (nicht nur für Amphibien) überall Todesfallen in Form von Entwässerungsanlagen (Gullischächte, Straßenentwässerung), Licht- und Kellerschächten im Siedlungsbereich usw. vorhanden sind. Mit der relativ hohen Anzahl an Feuersalamandern im beschriebenen Straßenentwässerungssystem war nicht zu rechnen. Das Vorkommen wird daher in den nächsten Wochen von mir weiter beobachtet, mit sicher vielen aufschlußreichen Bildern der Kanalkamera, sofern keine Methode gefunden oder gewählt wird, welche die Feuersalamander in irgendeiner Form vor der Kamerabefahrung vergrämt.
Die im Rohrleitungssystem lebenden Feuersalamander dürften hier ein relativ gut geschütztes Quartier haben. Interessant ist auch die Frage, wo die Feuersalamander-Weibchen zum Absetzen ihrer Larven hinwandern. Möglicherweise verbleibt ein Teil der "Kanalpopulation" aufgrund der vorgefundenen Bedingungen (ein idealer Aufenthaltsort für Feuersalamander: relativ hohe Luftfeuchte, kühl, als Winterquartier frostfrei und ein gutes Nahrungsangebot durch Einfall in die Einstiegsschächte!) ganzjährig unterirdisch und erfreut sich an den kilometerlangen Wandermöglichkeiten im Kanalsystem mit punktuell eindringendem Tageslicht an den Einstiegsschächten.
Hinweise zu vielleicht ähnlichen Beobachtungen oder auch Ideen zu einer tierschonenden Methode können kurzfristig an mich gegeben werden.
Vielen Dank und freundliche Grüße
Andreas Kronshage
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Dr. Andreas Kronshage
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