Der NABU Landesverband Sachsen e. V. hatte am 8. März 2003 zur 10. Landesfachtagung der sächsischen Feldherpetologen und Ichthyofaunisten nach Freiberg eingeladen und hatte trotz Verhinderung größerer Abordnungen anderer Landesverbände sowie der Kollegen aus Tschechien mit 113 Teilnehmern einen Rekord zu vermelden. Die Tagung stand unter dem Thema: „Effektivität von Schutzmaßnahmen für Wildfische, Amphibien und Reptilien“
1. Dr. Heinz Berger, der LFA-Vorsitzende, hielt die Begrüßungsrede, in der er auf die Geschichte der sächsischen Feldherpetologie einging.
Im Jahr 1972 wurde die AG Feldherpetologie beim Kulturbund der DDR im Bezirk Leipzig unter der Leitung von Klaus Hantke gegründet. 1978 entstand der zentrale Fachausschuss unter Dr. Hans Schiemenz. 1990 wurde der Sächsische Landesfachausschuss in Dresden zunächst mit dem Vorsitzenden Klaus Hantke gegründet, 1991 übernahm Dr. Heinz Berger diese Position. Seit 1993 wurden die jährlichen Tagungen mit wechselnden Leitthemen durchgeführt (außer 1998). Termine, Aktivitäten und Ergebnisse von Projekten und Untersuchungen werden seit 1993 in den Mitteilungen und in der Jahresschrift für Ichthyofaunistik und Feldherpethologie veröffentlicht.
Herr Berger erinnerte an herausragende Personen und Ereignisse, wie z. B. 1961 die Entdeckung des Springfrosches in Sachsen und an den Nachweis des Bergmolches im Voigtland als autochthone Art östlich des Harzes (1988 gelang dies auch für die böhmische Seite).
2. Martin Görner, Jena: Wie wirksam sind Naturschutzmaßnahmen für heimische Amphibien und Reptilien?
Herr Görner machte deutlich, dass ohne Beschäftigung mit der Populationsökologie sowie mit den Anforderungen an alle Teillebensräume der Erfolg, die Effektivität von Maßnahmen für den Amphibienschutz bzw. für die Optimierung von Lebensräumen nicht messbar ist. Nach wie vor bestehen zu große Wissensdefizite in der allgemeinen sowie auf eine bestimmte Population bezogenen Ursachenforschung über die natürlichen und die von äußeren Faktoren bestimmten Schwankungen der Populationsgröße. Der Naturschutz selbst sollte seine Forderungen hinsichtlich der Größe und Ausstattung von Amphibienlebensräumen jedenfalls nicht auf einen Prozentsatz vom Optimum reduzieren – bildhaft dargestellt an einem Bach mit 10% Restwasser und einer Frau mit 10% Restzähnen.
3. Dr. Stefan Sieg, Leiter des Landesfischereiamtes in Dresden: Effektivität von Schutzmaßnahmen für Wildfische am Beispiel von Fischaufstiegsanlagen
Auch Fische benötigen verschiedene Habitate in ihrem Lebenszyklus – durch Wehre, Talsperren, längere Verrohrungen u. ä. werden sie jedoch häufig am Wechsel von einem Habitat in das andere gehindert. Nach § 41 im Fischereigesetz soll der Fischwechsel im Fließgewässer garantiert werden – wie sieht das in der Praxis aus?
Seit ca. 100 Jahren werden Fischtreppen gebaut, von relativ naturnahen Maßnahmen wie Sohlgleiten bis hin zu technisch aufwändigen Fischaufzügen ist bis heute vieles realisiert worden. Welche Probleme, Erfolge und Misserfolge dabei an sächsischen Fließgewässern auftraten, zeigte Herr Sieg an anschaulichen Beispielen:
Ein Fischpass an der Zschopau bietet aufgrund der geringen Wassermenge in der Ausleitungsstrecke (höhere Wassertemperatur, im Winter durchfrieren) günstigere Bedingungen für kleine Fische, für Salmoniden gibt es kaum Überlebenschancen. Ein Fischpass an der Weißeritz war bei Hochwasser im Weg und wurde zerstört. Das Fischereiamt hatte an dieser Anlage die Fischartenzusammensetzung in den einzelnen Teilbereichen ermittelt. Fazit: Fischtreppen können nicht für jeweils alle Arten günstig sein, Fokussierung auf Zielarten ist notwendig.
4. Dr. Rolf Steffens (Landesamt für Umwelt und Geologie, Dresden): Der Amphibienatlas ist da – Bewertung und weitere Aufgaben aus naturschutzfachlicher Sicht.
Der „Atlas der Amphibien Sachsens“ ist endlich herausgekommen (Hrsg.: Sächs. Landesamt für Umwelt und Geologie, zu beziehen bei der Sächsischen Druck- und Verlagshaus AG, Fax: 0351/ 4203186, mail: versand@sdv.de für 15 EUR).
Selbstkritisch wird eingeschätzt, dass keine einheitliche Erfassungsmethodik vorliegt (vorbildliches Beispiel: die Brutvogelerfassung der Ornithologen) und dass die Bestandsschätzung nach wie vor große Probleme bereitet. Dennoch werden die gesammelten und anschaulich aufbereiteten Daten eine große Bedeutung für das Berichtswesen und Monitoring z. B. im Rahmen der FFH-Thematik besitzen.
Regionale Besonderheiten konnten gut herausgearbeitet werden – so wurde die hohe Bedeutung der Mittleren Mulde für die Fauna bestätigt – und flossen in die Biotopverbundnetz-Konzeption ein. Im Vergleich zum Amphibienatlas von Schiemenz ist eine Zunahme der besetzten Messtischblatt-Quadranten außer bei drei Arten zu verzeichnen. In der Region Leipzig ist eine Verschlechterung erkennbar – teil aufgrund der bereits bestehenden guten Erfassungssituation, teils aufgrund der umfangreichen Bauaktivitäten. Eine eindeutige Abnahme ist beim Feuersalamander, bei der Rotbauchunke und der Kreuzkröte zu erkennen.
Ein erweitertes Monitoring wird für die Rotbauchunke und den Kammolch angestrebt, eine Wiederholungs-Untersuchung soll in 10 Jahren durchgeführt werden – wenn Zeit und Mittel es erlauben.
5. Jan Blau (Dresden): Zur Effektivität von Schutzmaßnahmen für den Feuersalamander
Jan Blau hat sich intensiv mit den Lebensräumen der Feuersalamander am Südrand von Dresden beschäftigt. Sie finden auch in den Gärten, wenn sie mit schattigen Trockenmauern und Bäumen ausgestattet sind, günstige Lebensräume. Allerdings werden Gullis und Schächte schnell zu Fallen, Bordsteinkanten und Mauern an Grundstücksgrenzen behindern die Ausbreitung. Es zeigte sich, dass Sekundärgewässer eine hohe Bedeutung für die Reproduktion haben, Wälder und Hecken zur Vernetzung der Lebensräume fehlen.
6. Iris John, Institut für Ökologie, FSU Jena: Zur Effektivität der Amphibientunnelanlagen am Knappensee / Oberlausitz
1999 wurde am Knappensee eine Amphibienschutzanlage mit 13 Tunneln mit den Größen 500 x 300 (Aco Pro) sowie 1000 x 650 (Mallbeton) gebaut. Iris John untersuchte in ihrer Diplomarbeit im Jahr 2000 die Annahme der Tunnel während der Hinwanderung, der Rückwanderung sowie durch die Jungtiere. Die Knoblauchkröten erfasste sie fotografisch, die Erdkröten durch Kniering-Etiketten.
Von insgesamt 160 Erdkröten nutzten während der Hauptwanderzeit mindestens 80% die Tunnel, wobei für 50% der männlichen Erdkröten die Verweilzeit vor der Anlage 15 bis 41,5 Tage betrug – sie warteten auf die Weibchen, die recht zügig hindurch wanderten. Die Knoblauchkröten (Gesamtzahl 245) versuchten immer wieder, die Anlage zu umgehen – da halfen auch die Umkehrelemente nicht. Nur 45 % konnten als erfolgreiche Tunnelnutzer gezählt werden, die Wartezeit vor der Anlage erreichte den Rekordwert von 70n Tagen!
Bei der Rückwanderung querten die Erdkröten zügig die Anlage (68 % G, 81 % E), die Knoblauchkröten lehnten sie völlig ab (nur 5 % der G wurden registriert). 430 juvenile Erdkröten und immerhin 29 juvenile Knoblauchkröten nahmen die Tunnel an.
Für die nächste Saison versuchte man, insbesondere den Knoblauchkröten günstigere Bedingungen zu bieten, indem eine 5 – 10 cm dicke Sandschicht in die Tunnel eingebracht wurde. Die vorher recht steilen Böschungen wurden abgeflacht, die Umkehrelemente durch 50 m Leiteinrichtung verlängert. Durch die Anordnung der Eimer an dem verlängerten Umkehrelement konnte Frau John feststellen, dass für die Erdkröten 20 m als ausreichend gelten können, für die Knoblauchkröten jedoch nicht.
Da die Absperrungen im Jahr 2001 nicht so vollständig waren, wie im Jahr zuvor, sind auch die Ergebnisse nicht ganz so exakt, auf der Hinwanderung kann von einer fast 100 %igen Querung der Erdkröten und 80 % bei den Knoblauchkröten ausgegangen werden. Die Einbringung einer Sandschicht in die Tunnel, die den Knoblauchkröten das Eingraben ermöglicht, scheint mir bei der Planung von Tunnelanlagen im Lebensraum von Knoblauchkröten sehr empfehlenswert zu sein.
7. Wolfgang Köcher, Muldentalkreis: Erfahrungen beim Biotopmanagement für die Kreuzotter im Muldentalkreis
Herr Köcher stellte das Gebiet mit Teich und vorwiegend forstlich genutzter Umgebung vor. Der Management-Plan von 1997 legt die Neuanlage und die Offenhaltung von Waldwiesen fest, Totholz verbleibt im Wald. Die Fischereinutzung des Gewässers ist zwar verboten, aber wie so oft werden auch hier illegal Fische eingesetzt. Auf 10 adulte Kreuzottern wird der Bestand geschätzt, jährlich konnten Jungtiere nachgewiesen werden. Verluste gibt es durch Erschlagen und während der zweiten Mahd mit dem Freischneider.
Die Tagung war sehr gut organisiert (ein Dank den Damen vom Buffett) und kurzweilig und sei deshalb für das nächste Mal auch den Feldherpetologen aus anderen Bundesländern empfohlen.
Birgit Schultz
(Berlin)